Zeit ist eine fiktive physikalische Einheit, die man nicht sehen kann, nicht besitzen kann, die man eigentlich nie besitzt. „Ich habe keine Zeit, ich habe zu viel zu tun, das Konzept von Lohnarbeit hat sich überholt.“ Eine Tonschleife steht am Anfang von „Gier und Bescheidenheit“ einem kleinen Intermezzo, das zum Abschluss der Spielzeitvon vier Ensemblemitgliedern gemeinsam konzipiert und inszeniert wurde im Malersaal des Oberhausener Theaters, eine Bühne mit Kellerloch, eine Kommunikation, die hakelt und doch: Irgendwie muss man sich arrangieren auf irgendeiner Premierenfeier von irgendeiner Donizetti-Inszenierung, man preist den Star, man feiert „Il Dolce Suono“. Man süffelt, es deuten sich amouröse Abenteuer in Haus des Gastgebers an. Gier und Bescheidenheit an einem Ort? Nein. Bescheidenheit ist eine Zier, doch reicher wirst du nur mit Gier. Niemand geht nach Hause, man richtet sich für die Nacht ein, das surreale Viereck-Spiel beginnt.
Langsam, langsam gleitet die Zeit dahin.Die SchauspielerInnen Elisabeth Kopp, Anna Polke, Peter Waros und Anja Schweitzer haben diese Szenen zwischen Fugo-Fisch und Jesus Christus entwickelt, keine Anweisungen von der Regie kann auch mal schön sein, mehr Dramaturgie braucht es auch nicht im surrealen Wirrwarr.
Irgendwann am Morgen finden sich alle im Keller wieder, nichts zu essen, nichts zu trinken, eine halbe Mineralwasserflasche kann da bereits zum Krieg führen. Oben nur noch Bestecke und das Aquarium im Video. Unten beriechen sich die Hyänen, denn schnell wird klar, diese Räume werden sie so schnell nicht mehr verlassen können, selbst wenn sie Teile ihres Besitzes opfern. Egoismus kennt die vornehme Seele nicht undfür Bescheidenheit statt Gier scheint die Zeit abgelaufen. Die zivilisierte Oberfläche wird schnell brüchig, wenn die Mechanismen auf Selbsterhaltung geschaltet werden. Was die ollen Freimaurer da zu suchen haben, wird mir nicht ganz klar, aber am Schluss geht es im Prinzip wieder von vorne los. Man trifft sich etwas derangiert wie zu Beginn, die Floskeln machen wieder die Runde. Ein netter Abend.
„Gier und Bescheidenheit“ | Malersaal Oberhausen | nächste Spielzeit | 0208 857 81 84
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