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MELEZ goes Street Art,
Foto: WAZ FotoPool/Monika Kirsch

Beats und Breaks mit der Bahn

03. Dezember 2010

„Melez goes Street Art“ lässt die Vielfalt urbaner Künste kilometerweit erleben - Rückblick Melez 2010 12/10

„Ist das Kunst, oder kann das da weg?“ steht es mitten in einem klinisch weißen Waggon über einer Eingangtür des Melez-Zuges geschrieben. Diese Frage könnte Programm sein für eine Kunstform wie Street Art. Ihre Verfallsdauer hängt oft nicht vom Lob der Kritik, sondern von der Geduld und dem Geld der Gebäudeverwaltung ab. Street Art geht weit über den Graffiti-Begriff hinaus. Beibehalten wird der Do-it-yourself-Charakter, und dem trägt der Melez-Express Rechnung, indem er dazu einlädt, sich im weißen Wagen mit Kommentaren oder Zeichnungen zu hinterlassen. Zum Street-Art-Thema hat Melez über das Herner Pottporus Festival gefunden, das seit Jahren eine künstlerische Plattform für Malkunst, Breakdance und Rap bietet. So wird der Herner Bahnhof bereits vor der Abfahrt zum frei begehbaren Kulturareal. Buff Diss, Tape Art-Künstler aus Berlin, bringt seine Motive aus Klebestreifen an den Melez-Zug, nachdem er bereits die Herner U-Bahn ästhetisch verklebt hat. Der seit Jahren leerstehende Wartesaal im Bahnhofs-Innenraum erhält wieder Leben durch die Ausstellung „In_Fusion #3“. Vor dem alten Gemäuer werden Stickereien aus geschmolzenem Plastik, Bleistiftgrafiken und Fotos von Graffiti-Zügen des Berliner Kunst-Kollektiv „247style“ exponiert. Ungewöhnlich, neu, kriminell – aber ausstellungswürdig.

Ungewöhnlich, neu, kriminell – aber ausstellungswürdig

20 Uhr. Abfahrt. Im Salonwagen, der ein wenig wie die S-Bahn-Version von Agatha Christies Orient-Express wirkt, lässt sich Jacek Koon mit Frack und Fliege an seinem Elektropiano nieder. Zu poppigen Melodien tasten sich die Beatboxer Kevin O’Neal und Jay Jabel heran. „Aber bitte mit Sahne“ oder „Somewhere over the rainbow“ wird hier von den Passagieren nicht nur mitgesungen, sondern auch mitgenickt. Eine Tür weiter bekommt man einen ersten Vorgeschmack auf die Kulturhauptstadt 2013. Bei der Rap-Gruppe „99 Street“ aus Marseille wird der Bühnenwagen zwischen Gelsenkirchen und Bochum zum atmosphärischen Siedepunkt. Viele erklimmen die Sitzflächen und halten sich an der Gepäckablage fest, um das Quartett sehen zu können. „Das ist klasse, wir waren erst nur am Bahnhof in Herne, haben uns da etwas angesehen und sind dann spontan mitgefahren“, resümiert eine junge Frau. Spontaneität und Raummangel: Darum geht es auch im Medienwagen. Arne Westermann vom medienwissenschaftlichen Institut der Ruhr-Universität-Bochum diskutiert dort seine Fallstudie zur „Off-Off-Szene des Ruhrgebiets“.
Die Subkultur, als Synonym für die Off-Off-Szene, ist demnach vor allem ein umkämpfter Raum, in dem die Kommunalpolitik den Akteuren eher „die Knüppel zwischen die Beine wirft“, als unterstützend zu wirken, so die Wahrnehmung der Kreativen nach Westermann. Aber auch die hiesige Medienlandschaft ist „ohne Kontakt zu den Subkulturen“, resümiert er. Für einen Abend nimmt der Melez-Express diese fehlende Vermittlerfunktion ein und zieht nicht nur junges Publikum durch seinen Street-Art-Parcours.


DAWID KASPROWICZ

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