Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
16 17 18 19 20 21 22
23 24 25 26 27 28 29

12.581 Beiträge zu
3.811 Filmen im Forum

Perspektive wechseln

15. Juni 2023

Melanie Manchot in Witten – Kunst 06/23

Aus Witten in die weite Welt: Melanie Manchot, mittlerweile in London daheim, ist als Foto- und Videokünstlerin international unterwegs – nicht nur in Ausstellungen, sondern auch, um Menschen im urbanen Umfeld zu erforschen. Sie zu beobachten, zu befragen oder sie Situationen auszusetzen, die ihre Individualität sichtbar machen. Ihre Settings, mal öffentlich, mal intimer, treffen immer einen Nerv und lösen starke Gefühle aus, bei Akteuren wie Betrachtern: Neugier, Voyeurismus, Abwehr, Scham, blankes Vergnügen – alles dabei. Für ihr Heimspiel im Märkischen Museum wählte die gebürtige Wittenerin (*1966) Filme und Fotoserien aus 20 Schaffensjahren.                                  

Schon ihre erste, älteste Videoarbeit ist absolut mitreißend: 2001 war die Künstlerin mit versteckter Kamera in fremden Ländern unterwegs und bat zufällige Passanten am Straßenrand um einen Kuss. Die enorme Bandbreite ihrer Reaktionen ist Garant für 20 Minuten gute Laune. Unbedingt die Kopfhörer aufsetzen – schon allein für die Story mit dem Frosch! Emotional hoch her geht‘s auch in dem (inszenierten) Dialog-Video „Kiss | Fight“ (2009/10): Hier ein sich abküssendes Pärchen. Dort zwei Kontrahenten im Straßenverkehr. Ein alter Hells Angel im Pick-up gerät mit einem jungen Fahrradkurier aneinander. Beide schenken sich nichts, rangeln und hauen sich üble Beschimpfungen um die Ohren. Amüsant, aufwühlend, nichts für Zartbesaitete. Wie auch – ein Hinweis warnt vor „nackter Männlichkeit“ – die Videosequenz von 7 Macho-Türstehern vor Ibizas Nachtclubs. Manchot brachte sie dazu, am helllichten Tag vor ihrem Arbeitsplatz Club-Portal blankzuziehen und sich, so lange sie wollten, nackt zu präsentieren.

In poetischen Videos sammelt sie Träume oder begleitet einen Schimmel durch Marls Betonarchitektur. Menschen fahren Paternoster, andere tanzen an Pole-Stangen oder mitten im Stadtraum. Während die Künstlerin in ihren Filmen den Akteuren Freiraum lässt, arrangiert sie ihre Fotos mit Akribie, z. B. die buntgewandeten „Ladys“ im hochherrschaftlichen Ambiente der University of Cambridge. Oder 2021 sich selbst. Als alle Welt wegen Corona kopfstand, startet sie ihre einsame Handstand-Serie „Inversion“ vor markanter Londoner Architektur. Halb Fremdkörper, halb integraler Bestandteil, spaltet ihr Körper das Stadtraummotiv – alles eine Sache der Perspektive.

Dancing ist the best revenge | bis 24.9. | Märkisches Museum Witten | www.kulturforum-witten.de

Claudia Heinrich

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Mufasa: Der König der Löwen

Lesen Sie dazu auch:

Ausgezeichnet auf Papier
Günter Drebusch-Preis 2023 in Witten – Ruhrkunst 08/24

Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24

Ausdruck der Zeit
Expressionismus-Sammlung im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/24

Künstlerinnen im Comic
„Hingeschaut und hergehört!“

Schönheit und Schrecken
„Belgian Thoughts“ in Witten – Ruhrkunst 12/19

Plötzlich Vorbild
Geniale Einzelgänger in Witten – Ruhrkunst 09/19

Zukunft von Gestern
Die Gruppe „B1“ in Witten – Ruhrkunst 03/19

Das ganze Spektrum
Aktuelle Malerei in Witten – Ruhrkunst 04/18

Ganz früh vorne weg
Der „junge westen“ in Witten – Ruhrkunst 07/17

Raum in der Fläche
Frauke Dannert in Witten – RuhrKunst 10/14

Das wahre Leben
Kirsten Krüger im Märkischen Museum Witten - Ruhrkunst 05/12

Im Dialog mit der Sammlung
Jürgen Meyer stellt im Märkischen Museum Witten aus, leider nur noch für wenige Tage – Ruhrkunst 01/12

Kunst.

HINWEIS