trailer: Muss der Mediendesigner 5.0 heute in erster Linie Computer-Nerd sein?
Roman Wolter: Nein, überhaupt nicht. Ich war es auch nicht. Ich habe meinen ersten Computer mit 18 bekommen. Ich würde sogar sagen, das Gegenteil ist der Fall. Es hilft, wenn man vorher analog unterwegs war und mit offenen Augen durch die Welt gegangen ist. Und all das, was man bis dahin mitgenommen hat, in das Digitale transportieren kann, statt nur am Smartphone zu sitzen.
Was macht die drei neuen Designstudiengänge an der HBK Essen unumgänglich?
Tobias Kreter: Unumgänglich sind sie vielleicht nicht, aber sie werden besonders interessant sein. Wir haben darauf geachtet, dass in jedem Studiengang etwas dabei ist, was andere nicht anbieten. Das ist der starke visuell-künstlerische Bezug bei Game Design, das ist eine Kombination aus audiovisuellen und interaktiven Medien bei Digital Media Design und wir werden im Bereich Digitales Produktdesign ein FabLab haben, eine Fabrikationswerkstatt, mit ganz vielen neuen digitalen Innovationen.
Aleksandra Konopek: Der Fokus des Studiengangs Digitales Produktdesign liegt zum einen auf der Gestaltung und Entwicklung von elektronischen oder mit Elektronik bestückten Produkten und robotischen Systemen und zum anderen auf Themenfeldern aus dem Bereich Umwelt und Soziales, das können sein: Elektronische Assistenzsysteme oder Produkte, die Interaktion und Lernfreude und Kommunikation fördern.
Kann man das als eine Art Transformation des traditionellen Design-Studiums in die digitale Welt begreifen?
AK: Ja, absolut, das kann man so sehen.
Dann bleibt die Variation der größte Feind des Designs?
AK: Damit beschäftige ich mich sehr stark. Das ist sogar ein Thema des Studiums – gerade im Digitalen Produktdesign. Das generische Design zum Beispiel oder die Künstliche Intelligenz, die immer mehr vorgibt, wie Design auszusehen hat. Das ist für die Studierenden und Designer heutzutage relevant, zu schauen, wie verändert sich das Berufsfeld oder das Berufsbild des Designers und wie werden wir uns in Zukunft definieren oder überhaupt definieren.
Warum fehlt so vielen Leuten heute scheinbar nichts, wenn das Haptische wegfällt?
AK: Da fehlt ihnen sehr viel. Je weniger Haptik sie haben, oder je weniger sie körperliches Feedback bekommen, in irgendeiner Form der Sinneswahrnehmung, desto mehr Halt in oberflächlichen Strukturen brauchen sie, die sie letztlich nicht mehr kontrollieren können. Sie verlieren sich eigentlich.
Und wie ist das bei den Videospielen: Fehlt das Haptische da?
TK: Das ist eine spannende Frage. Es scheint ja eine Massenflucht in digitale Welten zu geben. Damit müssen wir uns auseinandersetzen. Im Bereich der Computerspiele gibt es aber auch eine interessante Gegenbewegung: Dass analoge Inhalte zurück ins Digitale finden. In Köln entwickeln gerade die sogenannten „Slow Bros.“, ein Computerspiele-Entwickler-Studio, das Spiel „Harold Halibut“, das im kommenden Jahr herauskommen wird, das ist komplett handgefertigt und wurde dann später digitalisiert. Es stimmt nicht, dass digitale Medien immer ausschließlich digital sein müssen, sondern sie können auch durchaus einen realweltlichen Bezug haben.
Müssen die Studierenden nur mit Maschinen arbeiten, um Design herzustellen? Braucht man noch einen Pinsel oder ein Lineal?
AK: Es ist immer gut, mit der Hand anzufangen und letztlich auch mit der Hand zu denken. Die Koordination Kopf – Hand ist nach wie vor eine Einheit. Das dürfen wir nicht vergessen. Alles muss ja auch einfach bleiben. Nach der Entdeckung der Bedienerfreundlichkeit im Design nach dem Motto: „Nicht ich bin zu doof das Gerät zu bedienen, das Gerät ist nicht selbsterklärend genug gestaltet“, hat sich auch in den Bereichen Technologie, Elektronik und Programmierung viel in die Richtung getan. Es ist mittlerweile selbst für Laien verständlicher geworden.
RW: Das Digitale gehört in allen Studiengängen dazu – das ist unumgänglich. Aber den klassischen Nerd, einen „Non Emotionally Responding Dude“, also einen auf emotionaler Ebene nicht ansprechbaren Typen, wollen wir hier nicht ausbilden. Es geht uns auch um soziale Kompetenz und Verantwortung im Design.
Werden die Studiengänge dann im vierten Semester tatsächlich zusammengeführt?
TK: Wir enden nicht mit einer Zusammenführung, sondern wir arbeiten dann interdisziplinär miteinander. Die Studierenden erhalten ab dem vierten Semester die Gelegenheit, über Studiengänge hinaus zusammen zu arbeiten. Und dabei sollen dann auch Produkte entstehen, die die klassischen Genregrenzen der einzelnen Studiengänge überschreiten.
Wo sind die Fallstricke? Wie hoch ist zum Beispiel das Verfallsdatum bei solchen Techniken?
AK: Man muss sich heute regelmäßig aktualisieren. Das ist doch logisch. Dazu ist eine weltweit vernetzte „Maker Community“ entstanden, die sich gegenseitig schult und digitalisiert.
RW: Das kann jeden Tag nötig werden. (alle lachen) Es kann morgen eine neue Technologie auf den Markt kommen, die die Inhalte von heute über den Haufen schmeißt. Gerade bei neuen Studiengängen ist das Interessante, dass wir wirklich mit den neusten Technologien arbeiten können. Alles, was hier an Technologie genutzt und vermittelt wird, wird nagelneu sein. Und das muss regelmäßig überprüft und im Zweifelsfall angepasst werden.
Gibt es eine Zusammenarbeit mit der Industrie?
TK: Wir stehen noch ganz am Anfang. Aber wir wollen hier natürlich ein größeres Netzwerk aufbauen.
AK: Was auf jeden Fall geplant ist, sind Kooperationen mit dem 3D Druckzentrum Ruhr in Essen und mit dem FabLab des Instituts für Informatik an der Hochschule Ruhr West in Bottrop. Hier kriegen wir dann auch viel Input aus dem Bereich Informatik. Unser Fabrikationslabor wollen wir auch für die Region öffnen, damit es eine Durchlässigkeit des generierten Wissens in die Gesellschaft gibt.
Neuen Design-Studiengänge | HBK Essen - Hochschule der bildenden Künste Essen | 0201 95 98 98 00
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