Ein Dance Contest für Mädchen sollte es am Samstag im Dietrich-Keuning-Haus (DKH) werden, im Rahmen des siebentägigen Internationalen Dortmunder Roma Kulturfestivals Djelem Djelem. Doch es wurde ein multikulturelles Tanzfest der Begegnung für junge Menschen von 8 bis 18 Jahren. Das Festival fand bereits zum vierten Mal statt, der Dance Contest war eine Premiere. Und wie das so ist bei Premieren: Es kommt auch mal anders als man denkt.
Nachdem es kurz zuvor noch ungewiss war, welche Gruppen aus den verschiedenen Ecken der Stadt definitiv teilnehmen werden und sich dann nicht ausreichend Konkurrenz in gleicher Altersklasse oder gleichem Tanzgenre zusammenfand, plante man spontan um: Glücklich, dass mehr kamen als erwartet, machte man ein ungezwungenes Tanzfest daraus, bei dem sich die Gruppen präsentieren und für die Teilnahme am Ende kleine Geschenke mit nach Hause nehmen konnten.
Vom Wettbewerbsdruck befreit herrschte denn auch eine fröhlich-entspannte Stimmung, und die bunt gemischten Formationen konnten sich über ein lebhaftes Publikum freuen. Es traten auf die Tänzerinnen der Selbstorganisation Romano Than, die ihren Treffpunkt im DKH hat, die arabische Gruppe Al Carmel der Palästinensischen Gemeinde, die Jugi-Dancers aus Hörde, die Supergirls des JuKi Planerladens – und auch die Junior-Profigruppe Indigoration war hier einfach eine Gruppe unter anderen. Wenn auch ob ihrer coolen Hip-Hop-Moves lautstark bejubelt. Die Formation der Tanzschule Gödde trainiert erst seit einem Jahr zusammen, hat aber bereits die Westdeutsche Meisterschaft des DTHO (Deutscher Tanzlehrer und Hip-Hop-Lehrer-Verband) gewonnen. Hut ab!
Gerade die unterschiedlichen Gruppen sorgten durch ihre so ganz anderen Outfits und Stile für einen abwechslungsreichen Tag. So toll die Tänze waren, das eigentliche Highlight war die Begegnung von Gruppen untereinander, die sonst wenig miteinander zu tun haben und durch die gemeinsame Leidenschaft des Tanzens ohne Fremdeln miteinander umgingen. Man bestaunte exotische Pailletten-Kleider, arabische Kostüme neben sportlichen Hip-Hop-Outfits. Doch vor allem bei den nach der Präsentation folgenden kostenfreien Dance-Workshops mischten Tänzer und Publikum sich bunt zusammen und folgten gut gelaunt den Anweisungen der Choreografen Patrick Ossowski und Pam Balz.
Die Organisatoren hatten die quirlige Jugend gut im Griff. Organisatorin Aida Demirović-Krebs freute sich sehr darüber, dass die Jugend tatsächlich so viele Stunden am Ball blieb und nicht gleich nach ihrer Präsentation verschwand. In einigen Teams tanzten übrigens auch Jungs mit, sie blieben aber freilich deutlich in der Minderheit.
Alles in allem war es ein gelungenes Tanz-Begegnungsfest, das man auch im nächsten Jahr wieder anbieten will. Aida Demivorić-Krebs hat Djelem Djelem zwar erstmals mit DKH-Leiter Levent Arslan und ihrem Team auf die Beine gestellt, doch das Festival hat sie seit vier Jahren miterlebt. Es verbindet Roma-Kultur-Events, ein Symposium, Filme, Theater und auch eine Demo für mehr Toleranz gegenüber Roma und Sinti. Das DKH macht mit mehreren Veranstaltungen mit. Demivorić-Krebs wertet die Entwicklung positiv: Im ersten Jahr habe man noch Droh-E-Mails bekommen, von der rechtsextremen Szene sei man aber seit zwei Jahren recht unbehelligt, und insgesamt gehe es zumindest für ihre Schützlinge gut voran.
Einen Wermutstropfen hat die positive Entwicklung aber doch: Statt mehr Toleranz gebe es einfach einen neuen Feind für die Rechtsextremen: Flüchtlinge. Das hört Demivorić-Krebs auch des öfteren von ihren türkischen Jugendlichen als Grund für weniger Anfeindungen gegen sie. Man merke zwar kleine Schritte voran, es wird mehr für Integration getan, im Allgemeinen wie Besonderen, doch der Weg bleibt lang – auch der des Kampfes gegen Vorurteile. Das Begegnungsfest hat sich ein Stück des Wegs erfolgreich ertanzt.
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