Wortspiele mit seinem Namen verbieten sich von selbst: Das 1976 in Mainz geborene Multitalent Tobias Mann gehört zu jenen Künstlern, die sich nicht auf ihren Lorbeeren – sprich dem Deutschen Kleinkunstpreis oder dem Prix Pantheon – ausruhen, sondern fleißig und selbstkritisch an sich weiter arbeiten. Das lässt sich anhand seines jüngsten Programms „Durch den Wind. Und wieder zurück“ begutachten (am 10. Mai im Hagener Hasper Hammer), ein perfekt durchdachter, mit irrwitzigem Tempo angereicherter und voller Komik steckender Parforceritt durch den alltäglichen Wahnsinn, angerichtet und aufgetischt von jenen vor sich hin schleimenden Nasen, bei deren Anblick man das große Kotzen bekommen kann. Wie Mann die paradoxe Welt erklärt und dabei zurück in die Zukunft blickt, ist der reinste Genuss und gleichzeitig das Beste, was einem passieren kann, so man intelligente Unterhaltung mit geistigem Mehrwert zu schätzen weiß.
Das gilt auch für Kay Ray (am 31. Mai im Duisburger Grammatikoff), der sein Publikum vom ersten Augenblick seines farbenfrohen Erscheinens fest im Griff hat– und zu Lachsalven animiert. Man bezeichne ihn gerne als schrill und provokativ, stellt er ein ums andere Mal fest. Dabei sei das Leben viel abgedrehter und abartiger, als jede Show es zu sein vermag. Das Allroundtalent liebt es bunt– manchem gar ein wenig zu bunt. Ob er sich auch diesmal zur Freude der Damenwelt seiner Kostüme entledigen wird, sei dahingestellt. Den größten Tabubruch hat er allerdings mit seinem Outing vollzogen: Er lebt inzwischen mit einer Frau zusammen! Was die schwule Szene so gar nicht goutiert und ihn als „Verräter“ ans Kreuz– oder sonstwohin– nagelt.
Dabei erzählt er munter und temporeich von seinen Erfahrungen auf Kreuzfahrten, deutet Moral als Mangel an Gelegenheit, gibt Tipps, wie man sich den Alltag abwechslungsreich gestalten kann und verkündet stolz, dass er seit dem 12. Juli 2011 Vater ist. Auf einem Hocker sitzend baumelt er mit den Beinen und fragt sich, warum Leggins immer auf die falschen Extremitäten gezogen werden. Und ja: Er ist politisch unkorrekt. Das darf der in Osnabrück geborene Ex-Friseur und Transen-Star schließlich sein: Wer außer ihm hat schon eine Patentante jüdisch-schottisch-schwäbischer Abstammung?
(An dieser Stelle war auch ein Beitrag über den Kabarettisten Heinrich Pachl, der am 21.April zuhause in Köln verstorben ist, eingefügt, verbunden mit einer Empfehlung, am 19. Mai seinen Auftritt im Cabaret Queue zu besuchen. Wir trauern um Heinrich Pachl, einen Nachruf finden Sie hier. Anmerkung der trailer-ruhr-Redaktion)
Eher leise Töne schlägt dagegen der Dortmunder Satiriker Fritz Eckenga an: Bei ihm stehen „Alle Zeitfenster auf Kippe“ (am 23. Mai in den Flottmann-Hallen Herne). Was ihm da so auf den Schreibtisch geweht ist, verrührt er zu einer Melange aus Poesie, Pop und Begebenheiten aus einem Land namens Absurdistan, die er so oder ähnlich erlebt hat. Ein Meister der feinen Beobachtung und des subtilen Witzes! Ach ja, und von Fußball versteht er auch 'ne Menge– schwört hoch und heilig Ihre stets über Tage lebende
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