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Furcht vor dem Phänomen

20. Dezember 2012

„Zeitgespenster“ im Museum Morsbroich in Leverkusen – Ruhrkunst 01/13

Paranormalität hat nicht unmittelbar etwas mit knarrenden Treppenstufen oder jaulenden Geräuschen bei Sturm zu tun. Paranormalität ist so allgegenwärtig wie UFOs, wenn man den Kern oder die Ursachen wertungsfrei betrachtet. In Freiburg gibt es ein (zugegeben oft belächeltes) Institut für Grenzgebiete der Psychologie, das sich mit solchen Phänomenen beschäftigt und ihre Ergebnisse in einem „Psi-Report“ veröffentlicht.

Derart theoretisch ausgerüstet geht das Museum Morsbroich in Leverkusen in seiner aktuellen Ausstellung „Zeitgespenster“ diesen Spuren nach, und so spukt es beileibe nicht nur nachts im barocken Schloss mit dem kostbaren Kronleuchter im Spiegelsaal. Dort findet der Besucher an einer Säule die Aufforderung, mal so richtig zu schreien, und das auch noch so laut, wie man nur kann. Das kostet natürlich reichlich Überwindung, besonders dann, wenn man sich sowieso nicht unbeobachtet fühlt. Wer es aber schafft, den hat der Konzeptkünstler Werner Reiterer in der Schlinge. Das Licht wird duster, in den Ecken keucht es, dass es eine Lust ist. Wer jetzt noch tapfer ist, der wandert weiter. Und wer jemals „Poltergeist“ gesehen hat, wird die Grundidee aus Steven Spielbergs Drehbuch beim Berliner Künstler Björn Melhus wiederentdecken. Auch er sieht die Mattscheibe als Durchgangsspiegel fremder Welten in einem vieldimensionalen Universum. Im Video erscheint er schwarz-weiß, real farbig – okay, man erinnert sich gern wieder an das schwarz-weiße Flimmern aus den 1980ern, hinter dem das Böse lauerte.

Eine Geisterbahn ist die Ausstellung natürlich nicht. Gerade das Übernatürliche will Kurator Fritz Emslander zeigen, das in der zeitgenössischen Kultur immer neue Sphären belegt und damit auch der Reflexion gesellschaftlicher und kultureller Phänomene dient, die häufig das Unerklärliche in Bereiche abschiebt, die einer wissenschaftlichen Untersuchung nicht mehr standhalten können. Die sogenannte vieldimensionale Welt hat durch die immer weiter fortschreitende Implementierung von Virtualität ins reale Leben einen Punkt erreicht, die der kritischen Betrachtung bedarf, gerade wenn technische Medien immer noch zu „magischen Kanälen“ (Marshall McLuhan) werden.

„Zeitgespenster“ | bis 6.1. | Museum Morsbroich, Leverkusen | 0214 85 55 60

PETER ORTMANN

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