„Wenn du dich verwürzt hast, gib einfach ein bisschen Cannabis dazu“, rät Senfmüller Thomas Weber, „Hanf macht mild.“ Wer zu viel Chili genommen hat, der kann sein Essen und vor allem die Esser mit einem Löffel des Cannabissenfs retten. Doch Webers Senf hat nicht nur ausgefallene Zutaten, sondern wird auch besonders schonend hergestellt: Ohne Hitze mahlt Weber die Saat auf Stein. So bleiben die ätherischen Öle erhalten und er muss weniger Essig als Konservierungsstoff hinzufügen. Stattdessen verwendet Weber lieber Zusätze wie Ingwer oder Schwarzbier. Die Qualität hat auch bei Webers Senfen ihren Preis und so schlägt ein Glas des exklusiven Senfs mit über fünf Euro zu Buche. „Heutzutage muss alles immer billig sein. Unsere Lebensmittel sind aber einfach zu billig“, sagt Weber. „Meine Kunden sind Leute, die Wert auf hochwertige Produkte legen.“
Von solchen wimmelt es auf der Messe „gut.“ und dem angeschlossenen „Heldenmarkt“ geradezu. An 90 Ständen bewundern sie vegane Köstlichkeiten, informieren sich über Ökostrom oder eine klimafreundliche Energiesanierung des Eigenheims oder decken sich mit Accessoires ein. Am Stand des Niederländers Siem Haffmans gibt es Taschen und Jacken aus Teesäcken oder auf den Straßen Delhis aufgelesenen Plastikbeuteln – natürlich unter fairen Bedingungen hergestellt. Ein paar Schritte weiter präsentiert Schreiner Andreas Olschewski die Meisterwerke seiner Mitarbeiter: Zusammen mit geistig und körperlich behinderten Menschen baut er E-Gitarren. „Es hat damit angefangen, dass ich für mich selbst eine Gitarre gebaut habe“, erklärt Olschewski. Das Erfolgserlebnis, nach dem eines der ausgefallenen Instrumente fertig ist, wollte er auch seinen Schützlingen ermöglichen. „Wir schauen, dass die Leute so viel wie möglich selber machen können“, erklärt der Schreiner. Fürs Fräsen fertigt er Schablonen an, so dass nur kleine Hilfestellungen nötig sind. „Jedes Instrument ist ein Einzelstück“, sagt Olschewski.
Ebenso individuell sind die Taschen, Laptophüllen und Kosmetikbeutel, die Kerstin Rank an ihrem auch aus der Ferne gelb hervorstechenden Stand ausstellt. Rank kauft alte Rettungswesten bei Airlines auf und macht aus ihnen etwas Neues, Praktisches. Alle acht bis zehn Jahre müssen die Airlines die Westen ausgewechseln. „Es ist ein riesiger Müllberg, der nicht nötig ist“, sagt Rank. „Die Westen fliegen zehn Jahre lang durch die Welt und haben viel erlebt – sind aber zum Glück nie zum Einsatz gekommen.“ Durch Rank und ihre Mitarbeiter werden die gelben Rettungswesten endlich gebraucht. Die roten Mundstücke, mit denen die Westen im Ernstfall aufgepustet werden, nutzt sie als Stifthalter oder als Verschluss. „Dass ich aus dem Stoff Taschen machen würde, war sofort klar - weil er so leicht und robust ist“, erklärt Rank. Allein 2013 hat Rank 5000 Westen vor dem Abfall gerettet.
Auch Michael Göke geht es darum, Abfall zu vermeiden. Er entwickelt auf einem Mineralwerkstoff Hinweis- und Türschilder für Krankenhäuser und Büros, die nicht nur ökologisch sinnvoll sind, sondern auch nachhaltig das Corporate Design erhalten. „Das gute daran ist, dass man die Schilder, wenn zum Beispiel ein neuer Chefarzt kommt, einfach etwas abschleifen und dann neu bedrucken kann“, sagt Göke. „So passen sie dauerhaft ins Corporate Design und der Stil und die Qualität bleiben gleich.“ Bis zu 15 Mal lassen sich auf Gökes Schildern die Schriftzüge ändern.
Während es an den meisten Ständen Zukunftsmusik zu hören gibt, sehnt sich Bastian Ortner nach dem Klang einer längst vergangenen Zeit: Er baut aus alten Zigarrenkisten Musikinstrumente: „In den 30er Jahren haben die Bluesmusiker das genau so gemacht.“ Neben dem Recyclinggedanken versucht Ortner den Originalklang seiner Lieblingsmusiker wieder auferstehen zu lassen. „Man kann aus so ziemlich jeder Kiste ein Instrument machen. Man passt einfach die Kiste dem Instrument an“, sagt Ortner. Die Messe „gut.“ und der „Heldenmarkt“ zeigen mit Ausstellern wie Ortner, Göke und Co, wie leicht Umdenken sein kann – und wie gut durchdachte Produkte aussehen und sogar klingen können.
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