Kaum hat das neue Jahr begonnen, schon gehen die Humorarbeiter in die Vollen: Pause machen gilt nicht. Verzweifelt sein kann schließlich jeder. Lustig ist viel schwerer. Vor allem dann, wenn man sich nicht mit blöden Witzen abspeisen lässt, sondern von den Spaßmachern erwartet, dass sie überdies die kleinen grauen Zellen in Bewegung setzen. Ein vielerorts unterschätzter Stand-up-Comedian, Moderator und Buchautor ist der aus Freiburg kommende Jess Jochimsen. „Durst ist schlimmer als Heimweh“ stellt er am 12. Januar auf der Bühne Pepperoni in Bocholt fest – womit er zweifelsohne recht hat. Und wer Bilder aus deutschen Landen zu sehen bekommen möchte, in denen die Komik in der Tristesse sichtbar wird, sollte zu dem Multitalent pilgern – es lohnt sich.
Eine ganze Ladung herausragender Kleinkünstler steht beim WDR-Kabarettfest am 23. im Grammatikoff in Duisburg auf der Bühne. Als da wäre Philipp Weber, der mit „Futter“ einen Streifzug durch unsere von allerhand seltsamen Essgewohnheiten geprägte Nation unternimmt. Er blickt in Bio-Garküchen, versammelt Allergiker um einen Tisch und gibt der sentimentalen Sehnsucht nach „ehrlicher deutscher Küche“ ein Gesicht. Außerdem wird der holländische Kabarettist Philip Simon das „Ende der Schonzeit“ ankündigen – während er sich aus einer Zwangsjacke schält.
Mit von der Partie sind außerdem Özgür Cebe, ein in Ostwestfalen geborener Rheinländer mit türkischen Wurzeln, und Malediva, das aus Berlin angereiste Trio, hinter dem sich Lo Malinke und Tetta Müller in Begleitung ihres Pianisten Florian Ludewig verbergen. Wenn Malediva auspackt, vergeht den Zuschauern Hören und Sehen – vor Überraschung. Moderiert wird der Abend vom lokalen Helden Hennes Bender – was kann da schon schiefgehen?
Was „Blaue Wunder“ sind, erklärt die Kölner Kabarettistin und Sängerin Ruth Schiffer in ihrem nagelneuen Programm am 25. im Hagener Hasper Hammer. Nicht genug damit, dass der 1. FC Köln in die 2. Bundesliga abgerutscht ist, auch die Schutzengel, mit denen sie aufgewachsen ist, haben ihren Dienst zugunsten von Knieschützern und Fahrradhelmen quittiert. Begonnen hat das ganze Debakel allerdings in grauen Vorzeiten, damals, als Gottvater ein Pärchen „geschöpfert“ hat, das für die komplette menschliche Nachkommenschaft verantwortlich war. Schiffer dröselt die komplizierten Verhältnisse im Himmel und auf Erden auf, macht sich über Zeitgenossen wie Roberto Blanco und Lothar Matthäus her und stellt die diversen Eigenheiten von Männern und Frauen auf den Prüfstand („Ich kann es bald nicht mehr hören“). Im leichten kölschen Singsang geht sie den Ursprüngen von Geiz, Gier und Neid auf den Grund – allesamt Symptome mit Suchtcharakter, die den davon Befallenen mit Allmachtsphantasien ausstatten. Höhepunkte des Abends sind dabei die von ihr mit wohltönender Stimme vorgetragenen Songs.
Dabei kann ich mich nicht von Ihnen verabschieden, ohne auf Frank Lüdecke, den Deutschen Kleinkunstpreisträger 2011, und sein neues Programm „Die Kunst des Nehmens“ hinzuweisen, mit dem der Berliner Kabarettist am 23. in den Flottmann-Hallen in Herne gastiert. „Hingehen!“ ruft aus voller Brust Ihre stets über Tage lebende
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Zoten zum Verzweifeln
Kabarettisten klären auf über die Weltpolitik – Komikzentrum 04/20
Jenseits der Herrenwitz-Hegemonie
Gleichberechtigung durch Kabarett? Kebekus und Co. machen es vor – Komikzentrum 03/20
Gags mit Migrationshintergrund
Junge Comedians für ein multikulturelles Publikum – Komikzentrum 02/20
Sie passiert das Ebertbad
Die erstaunliche Hazel Brugger gastiert in Oberhausen – Komikzentrum 09/18
Von klug bis knackfrech
Das Zeltfestival Ruhr bietet für jeden Besucher etwas – Komikzentrum 08/18
Es läuft und läuft
Das RuhrHOCHdeutsch-Festival in Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 07/18
Sexy, lustig und extravagant:
Das RuhrHochdeutsch-Festival ist wieder am Start – Komikzentrum 06/18
Ganz ruhig bleiben
Zum 10. Mal: „Das Schwarze Schaf“ wird in Duisburg gekürt – Komikzentrum 05/18
Eine geistvolle Begegnung
Walter Sittler liest Dieter Hildebrandt – Komikzentrum 04/18
Geld war eher Zufall
Der Kabarettist Chin Meyer erklärt die Weltwirtschaft – Komikzentrum 03/18
Gehüpft wie gesprungen
Das Springmaus-Ensemble in Bocholt und Gelsenkirchen – Komikzentrum 02/18
Eine Dame wird sie nie
Tanja Haller zeigt in Bochum, was sie drauf hat – Komikzentrum 01/18
Deprimierende Weihnachtslieder
Jochimsen, Anna Mateur, Frittrang, Badey und Zingsheim – Komikzentrum 12/17
Tegtmeiers Erben gesucht
Im Kulturzentrum Herne findet das Wettkampf-Finale statt – Komikzentrum 11/17
Stopp an der Maulhaltestelle
Sting, Köbernick und Solga reden trotzdem weiter – Komikzentrum 10/17
Berauschend und unterhaltsam
Der KulturOrt Wichern lädt zum Lachen – Komikzentrum 09/17
Es wird langsam „höchste Zeit“
Im Ebertbad, beim ZFR und im Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 08/17
Direkt von vor der Haustür
Ohne Klopp, dafür mit Hausmann, Schroeder und Malmsheimer – Komikzentrum 07/17
Alles „über die Verhältnisse“
In Dortmund beginnt das Festival RuhrHOCHdeutsch 2017 – Komikzentrum 06/17
Im Kampf gegen die „Arschlochdichte“
Jochen Malmsheimer am 24.5. im Essener Stratmann’s Theater – Bühne 05/17
Mit Finten und Finessen
„Ohne Rolf“, FiL und „Basta“ erzählen schräge Geschichten – Komikzentrum 05/17
Böse Pillen mit Prosecco
Thilo Seibel und Maria Vollmer mit klugen Bestandsaufnahmen – Komikzentrum 04/17
Junges Himmelfahrtskommando
Tahnee und Simon & Jan sorgen für frischen Aufwind – Komikzentrum 03/17
Eine Jandl/Schneider-Kreuzung
Jan Philipp Zymny erweist sich als echtes Original – Komikzentrum 02/17
Feiner Humor und rauchiger Bass
Barbara Ruscher und „die feisten“ begeistern – Komikzentrum 01/17