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Die Kandidaten der Superstars tun alles um zum gewinnen
Foto: Schauspielhaus Bochum

"In dieser Alltäglichkeit liegt immer auch eine grosse Tragik"

01. November 2009

Frank Abt über die "Superstars" - Premiere 11/09

Früher machte er Theater über Mariah Carey und Franziska van Almsick. Nach seinem Bochumer Nokia-Projekt „Connecting People“ entwickelt Regisseur Frank Abt jetzt einen Theaterabend auf der Grundlage von Interviews mit Menschen auf der Suche nach den Superstars aus der Retorte. Seine Superstars sind Menschen wie du und ich, die trotz – oder vielleicht gerade wegen? – ihrer kleinen und großen Katastrophen einen Weg finden, ihre Träume zu leben und Erfolg zu haben. Abt erkundet vor und hinter den Kulissen die Mechanismen von Selbstentwurf und Fremdvermarktung und entdeckt das Leben als Dauercastingshow. trailer sprach mit ihm über die „normalen Superstars“.

trailer: Herr Abt, sind Sie eine Art theatralischer Stalker?
Frank Abt
(lacht): Also Stalker ist eher ein Begriff, der negativ konnotiert ist. Ich glaube aber, dass die Herangehensweise, dass man Interviews macht, schon der Versuch ist, Dinge einzufangen, die mit der Realität zu tun haben. Dass ich kein Stalker bin, kann ich schon damit belegen, dass ich diese Interviews nicht selber führe. Da ist ein Journalist zwischengeschaltet, und das hat sich auch schon ganz oft bewährt. Beim ersten Mal habe ich die noch selber geführt, aber man denkt dann sofort theatral und beginnt, das Gespräch in eine bestimmte dramaturgische Richtung zu drängen. Das ist jetzt anders. Wir haben das ja auch schon öfter gemacht, der Dirk Schneider und ich. Ich beschreibe dann vorher, was ich mir so vorstelle und wen man interviewen könnte, dann macht der das alleine, und dann kriege ich das Material. Ich bin dann oft überrascht, was da für Kosmen entstanden sind, da bin ich dann indirekter Stalker.

Worum geht es in „Superstars“?
Das ist eigentlich ganz schwer, in einem Satz zusammenzufassen. Wir haben eine Grundgeschichte über fünf Menschen, die irgendwie gescheitert sind und nun versuchen, über einen großen Auftritt wieder etwas zu werden. Wir nutzen diesen Grundgedanken, um ihr Leben und ihre Geschichte zu erzählen. Das hat natürlich auch etwas mit Casting oder Casting-Shows zu tun. Die Schauspieler müssen sich in Situationen begeben, wo sie nicht so sicher sind. Die musikalische Leitung muss eben Texte sprechen, was für sie ungewöhnlich ist, und die Schauspieler mussten Instrumente lernen, die sie vorher nicht beherrschten. Beim Thema Casting kommt man auch schnell dazu, die Schauspielerebene vor Ort zu betrachten, weil hier ein Wechsel in der Intendanz stattfindet und viele noch nicht wissen, wie es weiter geht. Deshalb blüht ihnen, wieder Castings und Vorsprechen ausgesetzt zu sein. Eigentlich bilden wir so die Realität doppelt ab, einmal über die Figur, die sie spielen, aber auch über ihre persönliche Situation. Aber die eigentliche Frage bleibt natürlich: Was tut man dafür, im besten Falle für einen kurzen Moment berühmt zu sein, was treibt einen dazu, sich diesen Jurys auszusetzen? Und diese Frage dehnt sich natürlich auf unser aller Leben.

Warum sehen Zuschauer gerne Handlungen gewöhnlicher Menschen?
Da gibt es mehrere Aspekte. In dieser Alltäglichkeit liegt immer auch eine große Tragik. Und in dem Fokussieren des Alltäglichen wird das Kleine vergrößert, und so ruhen dort auch Tragödien, wie sie auch in den Königsdramen verarbeitet werden. Das Schöne an der Alltäglichkeit ist, dass es dort eine große Identifikation gibt, von „sich wieder Erkennen“. Was mich daran interessiert, ist, dass man alles immer auch mit seiner eigenen Biografie abgleicht. Man könnte das ja auch selber sein. Warum nicht, was hieße das? Das ist auch der Grund, warum wir die Menschen, über die wir berichten, nicht selber auf die Bühne stellen, sondern ihre Geschichten über das Nachspielen erzählen. Das erzeugt Abstraktion, bekommt eine Form von Austauschbarkeit. Das Besondere, das Alltägliche bleibt aber in der Sprache immer erhalten.

Wann kommt das Reality Theater?
Das ist ja im Prinzip immer da, und das ist ja auch das Tolle. Die Schauspieler sind ja wirklich da und damit auch die Wirklichkeit der Akteure selbst. Es gibt Regisseure, die versuchen, das nicht in den Vordergrund zu rücken, eher zu verstecken. Andere betonen es gerade. Aber vorhanden ist das Reality Theater immer.

Wann wird die Theaterform, Interviews zu verarbeiten, ein Markenzeichen?
Ich merke, dass dies eine Gefahr ist, und dass es schnell passiert. Ich habe aber das Glück, auch Stücke zu inszenieren, von daher fühle ich mich noch nicht so festgelegt. Für mich sind diese beiden Arbeitsweisen eigentlich gegenseitig sehr befruchtend.


Premiere Kammerspiele Bochum:
31.10., 19.30 Uhr I 0234 33 33 55 55

PETER ORTMANN

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