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Ein Puppenspieler von Gottes Gnaden: René Marik

Kaninchen statt Küsse

04. April 2011

Beim Puppenspieler René Marik dreht sich alles um Pop und Katastrophen - Komikzentrum Ruhr 04/11

Den Hass-Kasper mit der Glatze mag niemand. Dabei sieht er eigentlich ganz niedlich aus mit seiner langen Nase und den kugelrunden Augen. Sein Auftritt in „KasperPop“, dem neuen Programm von René Marik, mit dem er am 16. April in der Emscher-Lippe-Halle in Gelsenkirchen gastiert, ist allerdings nicht abendfüllend, fristet er seine Existenz doch weitgehend am Rande des Geschehens. Im Zentrum steht dagegen die allseits bekannte schwarze Puppenbühne, auf der es ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie dem blasierten Herrn Falkenhorst, mit Eisbär Kalle und dem grasgrünen Frosch gibt. Auch der Maulwurf ist von den Toten auferstanden – nachdem er am Ende von "Autschn!" auf der A9 verendet war – und natürlich „de Barbe“, dieses zauberhafte Wesen mit den langen blonden Haaren.

Wenn „Don Mercedes Moped“ alias René Marik mit dem entsprechenden Stern als schmückendem Halsband die Bühne betritt, heißt es aufgepasst. Der Puppenspieler legt erst mal die klar strukturierte Dramaturgie des Abends dar: Zwei Themenassoziationsgebäude würden errichtet: Katastrophen und Pop. Wobei für das Unglück und dessen entsetzliche Folgen der Maulwurf mit der schweren Sprachstörung steht. Seine Liebe zu „de Barbe“ erweist sich als so unstill- wie unerfüllbar. Die nicht gerade helle junge Dame entzieht sich hartnäckig seinem Werben. Selbst mit einem Zauberstab gelingt es ihm nicht, die Angebetete herbeizulocken. Zum Vorschein kommt stattdessen ein weißes Kaninchen.

„Was bist Du denn für ein Clown?“, fragt der schwer berlinernde Eisbär Kalle den aus dem Nichts zu kommen scheinenden E.T.; ein kleiner brauner Kerl, der nach Hause telefonieren möchte, bevor ein Geysir explodiert und der Maulwurf mit seinem Papp-Gewehr alles kurz und klein schießt – aus Liebeskummer, versteht sich. Auch die beiden lakonischen Lappen sind wieder mit von der Partie. Diesmal hat es sie nach New York verschlagen. Und auch diese Episode endet in einer Katastrophe.

Das Erfolgsgeheimnis all dieser eigenwilligen bis abgedrehten Figuren, mit denen Marik landauf landab das Publikum entzückt, besteht unter anderem darin, dass seine Puppen mit all ihren Schwächen und Macken, ihrer stillen Einfalt und der partiellen Neigung zum Größenwahn zutiefst berühren. Der an der Ernst-Busch-Hochschule ausgebildete Tausendsassa beherrscht die Kunst, sich an die archaischen Wurzeln der Zuschauer vorzutasten, das kollektive Gedächtnis hervor zu zaubern, das sich in lautstarken emotionalen Ausbrüchen entlädt. Begleitet von Ingo Günther am Synthesizer streut Marik zwischen die Spiel-Szenen die von Johanna Zeul komponierten Songs ein, auf dass sich der Betrachter von den Gefühlsturbulenzen erholen kann – womit schließlich auch dem Pop zu seinem Recht verholfen wird.

Natürlich ist Marik nicht der Einzige, der im April in der Region für gute Laune sorgt – Im Bahnhof Langendreer in Bochum lädt Steffen Möller zu einer „Expedition zu den Polen“ ein (3. 4.) und Horst Evers zeigt passend zur Spielstätte, was ein „Großer Bahnhof“ ist (10.4.). In der Gelsenkirchener Kaue gastieren mit Gerhard Polt (1.4.) und Axel Hacke (13.4.) zwei Ausnahmekünstler, die man nicht verpassen sollte. Im Oberhausener Ebertbad treten Ehnert vs. Ehnert gegeneinander an: „Küss langsam“, heißt das Programm der beiden leidgeprüften Beziehungskampfexperten, die nicht nur ihre eigene Ehe, sondern auch alle anderen Paare retten wollen. Das ist auf jeden Fall billiger als eine Therapie – schwört hoch und heilig die stets über Tage lebende

Anne Nüme

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