Den Hass-Kasper mit der Glatze mag niemand. Dabei sieht er eigentlich ganz niedlich aus mit seiner langen Nase und den kugelrunden Augen. Sein Auftritt in „KasperPop“, dem neuen Programm von René Marik, mit dem er am 16. April in der Emscher-Lippe-Halle in Gelsenkirchen gastiert, ist allerdings nicht abendfüllend, fristet er seine Existenz doch weitgehend am Rande des Geschehens. Im Zentrum steht dagegen die allseits bekannte schwarze Puppenbühne, auf der es ein Wiedersehen mit alten Bekannten wie dem blasierten Herrn Falkenhorst, mit Eisbär Kalle und dem grasgrünen Frosch gibt. Auch der Maulwurf ist von den Toten auferstanden – nachdem er am Ende von "Autschn!" auf der A9 verendet war – und natürlich „de Barbe“, dieses zauberhafte Wesen mit den langen blonden Haaren.
Wenn „Don Mercedes Moped“ alias René Marik mit dem entsprechenden Stern als schmückendem Halsband die Bühne betritt, heißt es aufgepasst. Der Puppenspieler legt erst mal die klar strukturierte Dramaturgie des Abends dar: Zwei Themenassoziationsgebäude würden errichtet: Katastrophen und Pop. Wobei für das Unglück und dessen entsetzliche Folgen der Maulwurf mit der schweren Sprachstörung steht. Seine Liebe zu „de Barbe“ erweist sich als so unstill- wie unerfüllbar. Die nicht gerade helle junge Dame entzieht sich hartnäckig seinem Werben. Selbst mit einem Zauberstab gelingt es ihm nicht, die Angebetete herbeizulocken. Zum Vorschein kommt stattdessen ein weißes Kaninchen.
„Was bist Du denn für ein Clown?“, fragt der schwer berlinernde Eisbär Kalle den aus dem Nichts zu kommen scheinenden E.T.; ein kleiner brauner Kerl, der nach Hause telefonieren möchte, bevor ein Geysir explodiert und der Maulwurf mit seinem Papp-Gewehr alles kurz und klein schießt – aus Liebeskummer, versteht sich. Auch die beiden lakonischen Lappen sind wieder mit von der Partie. Diesmal hat es sie nach New York verschlagen. Und auch diese Episode endet in einer Katastrophe.
Das Erfolgsgeheimnis all dieser eigenwilligen bis abgedrehten Figuren, mit denen Marik landauf landab das Publikum entzückt, besteht unter anderem darin, dass seine Puppen mit all ihren Schwächen und Macken, ihrer stillen Einfalt und der partiellen Neigung zum Größenwahn zutiefst berühren. Der an der Ernst-Busch-Hochschule ausgebildete Tausendsassa beherrscht die Kunst, sich an die archaischen Wurzeln der Zuschauer vorzutasten, das kollektive Gedächtnis hervor zu zaubern, das sich in lautstarken emotionalen Ausbrüchen entlädt. Begleitet von Ingo Günther am Synthesizer streut Marik zwischen die Spiel-Szenen die von Johanna Zeul komponierten Songs ein, auf dass sich der Betrachter von den Gefühlsturbulenzen erholen kann – womit schließlich auch dem Pop zu seinem Recht verholfen wird.
Natürlich ist Marik nicht der Einzige, der im April in der Region für gute Laune sorgt – Im Bahnhof Langendreer in Bochum lädt Steffen Möller zu einer „Expedition zu den Polen“ ein (3. 4.) und Horst Evers zeigt passend zur Spielstätte, was ein „Großer Bahnhof“ ist (10.4.). In der Gelsenkirchener Kaue gastieren mit Gerhard Polt (1.4.) und Axel Hacke (13.4.) zwei Ausnahmekünstler, die man nicht verpassen sollte. Im Oberhausener Ebertbad treten Ehnert vs. Ehnert gegeneinander an: „Küss langsam“, heißt das Programm der beiden leidgeprüften Beziehungskampfexperten, die nicht nur ihre eigene Ehe, sondern auch alle anderen Paare retten wollen. Das ist auf jeden Fall billiger als eine Therapie – schwört hoch und heilig die stets über Tage lebende
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Zoten zum Verzweifeln
Kabarettisten klären auf über die Weltpolitik – Komikzentrum 04/20
Jenseits der Herrenwitz-Hegemonie
Gleichberechtigung durch Kabarett? Kebekus und Co. machen es vor – Komikzentrum 03/20
Gags mit Migrationshintergrund
Junge Comedians für ein multikulturelles Publikum – Komikzentrum 02/20
Sie passiert das Ebertbad
Die erstaunliche Hazel Brugger gastiert in Oberhausen – Komikzentrum 09/18
Von klug bis knackfrech
Das Zeltfestival Ruhr bietet für jeden Besucher etwas – Komikzentrum 08/18
Es läuft und läuft
Das RuhrHOCHdeutsch-Festival in Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 07/18
Sexy, lustig und extravagant:
Das RuhrHochdeutsch-Festival ist wieder am Start – Komikzentrum 06/18
Ganz ruhig bleiben
Zum 10. Mal: „Das Schwarze Schaf“ wird in Duisburg gekürt – Komikzentrum 05/18
Eine geistvolle Begegnung
Walter Sittler liest Dieter Hildebrandt – Komikzentrum 04/18
Geld war eher Zufall
Der Kabarettist Chin Meyer erklärt die Weltwirtschaft – Komikzentrum 03/18
Gehüpft wie gesprungen
Das Springmaus-Ensemble in Bocholt und Gelsenkirchen – Komikzentrum 02/18
Eine Dame wird sie nie
Tanja Haller zeigt in Bochum, was sie drauf hat – Komikzentrum 01/18
Deprimierende Weihnachtslieder
Jochimsen, Anna Mateur, Frittrang, Badey und Zingsheim – Komikzentrum 12/17
Tegtmeiers Erben gesucht
Im Kulturzentrum Herne findet das Wettkampf-Finale statt – Komikzentrum 11/17
Stopp an der Maulhaltestelle
Sting, Köbernick und Solga reden trotzdem weiter – Komikzentrum 10/17
Berauschend und unterhaltsam
Der KulturOrt Wichern lädt zum Lachen – Komikzentrum 09/17
Es wird langsam „höchste Zeit“
Im Ebertbad, beim ZFR und im Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 08/17
Direkt von vor der Haustür
Ohne Klopp, dafür mit Hausmann, Schroeder und Malmsheimer – Komikzentrum 07/17
Alles „über die Verhältnisse“
In Dortmund beginnt das Festival RuhrHOCHdeutsch 2017 – Komikzentrum 06/17
Im Kampf gegen die „Arschlochdichte“
Jochen Malmsheimer am 24.5. im Essener Stratmann’s Theater – Bühne 05/17
Mit Finten und Finessen
„Ohne Rolf“, FiL und „Basta“ erzählen schräge Geschichten – Komikzentrum 05/17
Böse Pillen mit Prosecco
Thilo Seibel und Maria Vollmer mit klugen Bestandsaufnahmen – Komikzentrum 04/17
Junges Himmelfahrtskommando
Tahnee und Simon & Jan sorgen für frischen Aufwind – Komikzentrum 03/17
Eine Jandl/Schneider-Kreuzung
Jan Philipp Zymny erweist sich als echtes Original – Komikzentrum 02/17
Feiner Humor und rauchiger Bass
Barbara Ruscher und „die feisten“ begeistern – Komikzentrum 01/17