Nein, liebe Frau Merkel, der Karneval ist nicht alternativlos. Schauen Sie doch mal am 12. Februar in Herne vorbei. Dort treten in den Flottmann-Hallen die „Nachtschnitten“ auf. Nessi Tausendschön, Andrea Bongers und Christin Henkel präsentieren die „WeiberLachNacht zu WeiberFastNacht“, ein Fest für Auge und Ohr. Die Puppenspielerin, Kabarettistin und Sängerin Bongers zeigt Ausschnitte aus ihrem neuen Programm „Bis in die Puppen“. Vorsicht! Das ist nichts für Kinder.
Henkel wiederum ist eine begnadete Liedermacherin, die auf dem ersten Blick harmlos-naiv daherkommt, auf den zweiten tun sich Abgründe auf, die ihrem kritischen Geist entsprungen sind: reflektierte Beobachtungen, über die man wahlweise lachen oder heulen kann. Nessi Tausendschön komplettiert als Moderatorin das Trio auf die ihr eigene Weise. Ob säuselnd singend oder die ganz großen Gefühle parodierend: Die Kabarettistin steckt ihre Grenzen immer wieder neu ab. Und als Überraschungsgast wird eine Künstlerin aus dem Bochumer Varieté et cetera zeigen, was der menschliche Körper so alles kann.
Eine Mischung aus Comedy, Krimi und Action-Lesung ist „Paul Temple und der Fall Gregory“. So heißt das von Bastian Pastewka und Komplizen auf die Bühne gebrachte Hörspiel, das mit leibhaftigen Akteuren aufwartet – und auf diese Weise dem akustischen Erlebnis eine weitere Dimension hinzufügt (am 25.2. im Theater Marl, am 27.2. im Saalbau Witten und am 28.2. im Theater am Marientor in Duisburg). 1949 vom damaligen NWDR produziert, galt die erste deutsche Fassung der Krimiserie des englischen Schriftstellers Francis Durbridge (1912-1998) bislang als verschollen.
Auf der Basis des wiederentdeckten Manuskripts entstand die Idee, den Fall – diesmal vor Publikum – wieder aufzurollen. Wobei nicht an die 40 Sprecher engagiert werden mussten, um den zahlreichen auftretenden Figuren eine Stimme zu verleihen, sondern lediglich fünf Personen, die gleichzeitig den Toningenieur ersetzen. Dabei wurden die acht Folgen des Originals auf gute zwei Stunden herunter gebrochen: eine nicht ganz einfache Aufgabe, die das Ensemble unter der Regie von Leonhard Koppelmann glänzend gelöst hat.
Allen voran Pastewka, der den Meisterdetektiv verkörpert: stets einen coolen Spruch auf den Lippen, mit lässiger Arroganz und machohafter Nachsicht gesegnet, was seine Gattin Steve (köstlich naiv: Janina Sachau) angeht, die den Mördern mit weiblicher Intuition auf den Leib zu rücken pflegt und Temple mit ihrer Begriffsstutzigkeit nervt. Der macht sich über ihre „weiblichen Eingebungen“ lustig und trauert den Zeiten nach, als Frauen noch keine Fragen stellten („eine schöne Tradition“). Eine weitere Reminiszenz an das Original sind die Musik-Einspieler von Hans Jönsson, wobei der Reiz der Geräuschkulisse vor allem in dem eindrucksvollen Instrumentarium liegt.
Angefangen beim Enten-Gequake über Vogelgezwitscher, unheimlich klingenden Schritten, knarzenden Türen bis hin zum ersterbenden Geröchel: Inga Busch, Alexis Kara und Kai Magnus Sting verleihen dem Begriff Action-Lesung eine völlig neue Bedeutung. Busch gibt eine Stimmen-Imitatorin und spricht tatsächlich in tausend Zungen, Sting erhängt sich kurzfristig, aber überzeugend und Kara verleiht dem Dienstboten und Fahrer Charlie eine lustig lakonische Note. Alle zusammen spielen ihre Rollen im rasanten Wechsel: eine Stimmen-Sinfonie inklusive Hochleistungs-Spannung. Einfach hinreißend, verspricht Ihre stets über Tage lebende
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