Wenn anderswo langsam, aber sicher die Sommersonnen-Ruhe einkehrt, geht es in Dortmund erst richtig los: Am 27. Juni startet im Spiegelzelt das „Ruhrhochdeutsch“-Festival – und zwar an einem neuen Platz, am Steinernen Turm in der Nähe der U-Bahn-Station Westfalenhalle (da gibt es den A4- und den D2-Parkplatz). Der Erlös der Eröffnungsgala „Lachen für 'nen guten Zweck“ mit Lioba Albus, Bruno Knust, Franziska Mense-Moritz, Kai Magnus Sting und Evil Flames kommt Unicef Dortmund zugute.
Lachen für eine klare Sicht auf die Missstände einer von Gier, Geiz und Ignoranz geprägten Ubiquitäts-Gesellschaft verspricht dagegen das „Solo 2013“, mit dem der Freiburger Kabarettist Matthias Deutschmann zwei Tage später, also am 29.6., das breite politische Spektrum des Festivals absteckt. Auf das wahrhaft bunte Programm, das der Künstlerische Leiter Horst Hanke-Lindemann zusammengestellt hat, wird an ebendieser Stelle in den nächsten Monaten noch zu kommen sein. Erwähnt sei deswegen hier lediglich, dass das bis zum 13. Oktober andauernde und damit größte Kabarett- und Comedy-Festival Deutschlands zum ersten Mal mit einem Kinder- und Jugendprogramm aufwartet.
Ein Polit-Kabarettist, Moralist und Humanist ist Wilfried Schmickler. Das ist es denn auch, was ihn und sein neues Programm „Ich weiß es doch auch nicht“ auszeichnet (am 7.6. in der Werkstatthalle/Maxipark in Hamm): Seine verbalen Rundumschläge inklusive wunderbarer Wortschöpfungen sind nie Selbstzweck. Hinter dem Pointen-Geprassel steckt eine innere Haltung, die den Scharfrichter über das alltägliche Geschwurbel und Geschwafel glaubwürdig macht. Dabei vernachlässigt er keineswegs die enorm unterhaltsamen Seiten der von ihm beobachteten Exzesse. Sei es die Talkshow-Schiene der ARD, die aus ihren Löchern gekrochenen Prognostiker in der Euro-Zone, die sich auf den Spuren der Auguren wichtigmachen, oder ein Alptraum, der ihn als Euro in Begleitung von Markus Söder auf eine Gebirgstour schickt.
Hier zeigt sich denn auch das spielerische Element, mit dem Schmickler seine dramatischen Miniaturen anreichert, fein geschliffene Szenerien, mit denen er bis in den Bereich des absurden Theaters vorprescht. Er knöpft sich das drohende Renten-Debakel vor, empfiehlt Vorratshaltung in Form von Diamanten oder Erdöl und macht den Vorschlag, die wertvollen Organe verblichener Verwandten vorübergehend in der Tiefkühltruhe zu deponieren. Er fragt sich, wo die Wahrheit zu finden ist, und haut der Piratenpartei kräftig auf den Hut. Dabei legt er eine erfrischende Souveränität und Leichtigkeit an den Tag, unterbricht seine Wortkaskaden, um mit voll tönender Stimme die von Frank Hocker komponierten Songs zu interpretieren, streut hie und da einen Kalauer ein und zeigt so, dass er ganz bei sich und seiner Mission ist.
Diese wiederum besteht unter anderem darin, jedem das Recht einzuräumen, die weißen Seiten des vor ihm liegenden Buches „Deutschland, ein Abwasch“ selbst mit Inhalten zu füllen. Und es geht darum, das Leben zu feiern – und sei es mit einem traurigen Lied, das Schmickler den verstorbenen Kollegen Klaus Huber und Heinrich Pachl widmet. Außerdem dreht es sich darum, die Widersprüche der eigenen Existenz auszuloten. Was schließlich zu einem Katalog an guten Tipps führt, die jedermann in seinen Alltag integrieren könne. „Werden Sie Mülltaucher!“ schlägt er vor, auch auf die Gefahr hin, illegale Pfade zu betreten.
Gleich drei der besten deutschsprachigen Kabarettisten treten als heldenhafte Musketiere zugunsten des Ebertbads auf: „Malmsheimer, Pispers, Schramm“ kommen am 8.6. zum Benefiz-Abend in den Saalbau in Bottrop angereist, um der Oberhausener Bühne „den Arsch zu retten“. Dafür gibt es bereits im Vorfeld begeisterten Applaus von der stets über Tage lebenden
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