Vorweg eine Warnung: „Wenn Sie im Ruhrgebiet jemanden sprachlich verbessern wollen, ziehen Sie sich warm an“. Das schreibt einer, der es wissen muss: der Bochumer Komödiant Hennes Bender hat unter dem Titel „Komma lecker bei mich bei“ ein kleines Ruhrpott-Lexikon (Ullstein Verlag) verfasst, in dem er von A wie A40 bis Z wie Zechen so ziemlich alles unter die Lupe nimmt, was es mit Pottgewächsen wie ihm, dem Nachtleben und Städten wie Oer-Erkenschwick auf sich hat. Den typischen Ruhrgebietshumor sieht er den „suboptimalen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Verhältnissen“ geschuldet, die geradezu zwangsläufig dazu geführt hätten, über sich selbst lachen zu können.
Dass es so etwas wie „Ruhrhochdeutsch“ gibt, daran zweifelt niemand, der einem knackigen Dialog wie folgendem lauschen durfte: Fragt ein Fahrer aus dem Auto heraus einen Fußgänger: „Entschuldigung, ich muss nach Meiderich!“ Antwortet der Passant trocken: „Nein, das müssen Sie nicht!“ Dass ab dem 1. Juli (bis 30. August) am Dortmunder U ein historisches Spiegelzelt steht, in dem (bis Oktober) unzählige Kabarettisten, Comedians, Ensembles und Heimathirsche zur Sprachpflege antreten, ist die eine Sache, die andere, dass hier eine Ausstellung zu sehen sein wird, die unter dem Titel „110 Jahre – Kabarett! Was sonst?“ mit sämtlichen Vorurteilen und Klischees über die zehnte Muse aufräumt. Anders gesagt: wer glaubt, dass Klamauk und schlechte Witze, wie man sie allenthalben von den Privatsendern serviert bekommt, etwas mit Humor zu tun hätten, wird eines Besseren belehrt. – „Kein langweiliges Bilder gucken, sondern eine höchst sinnliche Angelegenheit“, heißt es in der Ankündigung.
Kernstück des viermonatigen Festivals sind allerdings die Abend-Veranstaltungen im Spiegelzelt. Zwischen rotem Samt und dunklem Holz inklusive Jugendstil-Ambiente werden (nicht nur) Eigengewächse wie Frank Goosen (1. und 2.), Kai Magnus Sting (3.) , Lioba Albus (13.) , Bruno „Günna“ Knust (7., 14., 21., 28.), Fritz Eckenga (30.) und Jochen Malmsheimer Klartext reden. Goosen weiß, wo der Hammer hängt. In seinem Programm „Radio Heimat“ erzählt er Geschichten von zuhause, wie sie (fast) jeder Einheimische kennt – sofern er eine Omma und einen Oppa oder Freunde wie Mücke, Spüle und Pommes hatte. Auch Malmsheimer (22. und 23.) weiß, wo der Frosch die Locken hat - und würde es bestimmt auch verraten, „wenn Worte reden könnten...“.
Der im blickdichten Teil von Dortmund beheimatete Fritz Eckenga hat nicht nur gute Gründe dafür, zeitig außer Haus zu gehen, um am 30. Juli pünktlich im Spiegelzelt anzukommen, er ist auch Spezialist für „Fremdenverkehr mit Einheimischen“. Sei es der Nachbar, der unaufhörlich versucht, sich in das Leben anderer einzumischen, seien es suspekte Gestalten wie der Würgen R. („Rüttgers, der Rächer, richtete Viele“), ein gewisser Hartmut M. (Die Deutsche Bahn, einst ruiniert, erblüht in neuer Pracht, von Hartmut M. privatisiert, auf Börsenglanz gebracht“) zweifelhafte Sportsfreunde wie Oliver Kahn und Cristiano Ronaldo, oder einfach nur Jürgen, der Urlaubsangler von Santorin („bester Fang saß längst an Land, neben ihm: Bettina“) – seine Huldigungen an die Sprache des Ruhrgebiets gipfeln in der bilingualen Überführung von Shakespeares Sonett 130 von Stratford-upon-Avon nach Duisburch, dessen erste Zeile lautet: „My mistress' eyes are nothing like the sun”. In der Übersetzung hört sich das so an: „Die Augen von meine Olle sind nich' so hell wie die Sonne ist“. Wer das nicht lustig findet, dem ist nicht wohl mehr zu helfen – meint Ihre stets über Tage lebende
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