„Esst nichts, was Augen hat, sagen die Vegetarier, aber gilt das auch für die Kartoffel?“ Das ist eine von vielen drängenden Fragen, die nicht nur Erwin Grosche beschäftigen. Wenn der aus Paderborn kommende Kleinkünstler seine „poetischen Sonderbarkeiten aus 40 Jahren“ vorträgt, wird der Zuschauer zum Zeugen einer neuen Sichtweise auf die Dinge, die den gemeinen Alltag begleiten: sei es der Uhu (der Alleskleber, das alles verbindende Wunder in einer zerrissenen Welt), die Kaffeemaschine (die Blockflöte unter den Küchengeräten) oder die Hausstaubmilbe, die sich ungerührt in seinem Bett vermehrt. Grosche scheint geradewegs aus einem Paralleluniversum zu kommen, in dem es keine Wichtigtuer, keinen Peer Steinbrück und kein Facebook gibt, wo die Blumen des Bösen mit der Wurzel ausgezupft wurden und der Liebreiz von Butterblumen sich in Buttercremetorten spiegelt. All das – und noch viel mehr – lässt sich am 7. November im Bochumer Bahnhof Langendreer überprüfen, wo er mit seinem „Warmduscherreport Vol. II“ auftritt.
Wer eine Eintrittskarte für Volker Pispers ständig aktualisiertes Programm „Bis Neulich“ ergattern will, muss höllisch aufpassen. Sie gehen weg wie warme Waffeln. Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Kolumne gab es jedenfalls noch Billetts für die Vorstellung am 9. November im Dortmunder PZ Hombruch und am 19. im Kulturzentrum Herne. Der Mann ist nicht nur ein großartiger Kabarettist, er weiß auch, was es mit seinem Metier auf sich hat: „Kabarett ist der Ort, an dem man sich die Kritik am eigenen Lebenswandel genauso folgenlos um die Ohren schlagen lässt wie in der Kirche“. Kabarett also als eine Art moderner Ablasshandel. Und Angela Merkel kann man mit dem FC-Bayern München vergleichen, geschickt lenke sie mit ihren Händen von ihrem Gequatsche ab. Kein Geheimnis ist es auch, dass sich der Deutsche mit Begeisterung aufregt. Deswegen müssten Skandale her: „Wie oft wir schon von Pandemien hinweg gerafft worden sind“, erinnert sich Pispers.
Zumindest was die Breitenwirkung angeht, ist einer wie Martin Zingsheim noch ein Geheimtipp. Aber nicht mehr lange, wage ich hier ausnahmsweise zu prophezeien. Mit seinem ersten Solo-Programm „Opus meins“ (am 21. im Cabaret Queue in Dortmund) heimste er alle möglichen Preise ein, seine vorweihnachtliche Auseinandersetzung mit religiösen Riten und Verhältnis zu diesen heißt „Gottes Werk und Martins Beitrag“: eine einzige Lichterkette aus blitzenden Pointen und musikalischen Pretiosen, die er am 28. im Hagener HasperHammer erstrahlen lässt. Bemerkenswert, wie er sich als einer der wenigen Männer zu seinem Faible für dekorativen Festschmuck bekennt. Darüber hinaus macht der Hobbyatheist mit der Eröffnung einer „Kürbis-Klitsche“ Zugeständnisse an die Generation Rucola und schreibt mit einem Mini-Musical die Weihnachtsgeschichte fort. Eine wahrhaft originelle Einstimmung in die Adventszeit.
Eine Art Wiedergeburt feiern die feisten: das sind Rainer und C., zwei Musiker des erfolgreichen Trios Ganz Schön Feist, die sich zwar nicht komplett neu erfunden haben, aber nun auch als Duo mit ihrem „Versuchslabor“ (am 6. im Oberhausener Ebertbad und am 27. in der Kaue in Gelsenkirchen) überraschen. Mit Hilfe von Wasserstoff und Sauerstoff ist eine Lachgasproduktion entstanden, die Gänsehaut und Glücksmomente provoziert. Letztere kann man in den immer länger werdenden Nächten gut gebrauchen, meint jedenfalls Ihre stets über Tage lebende
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