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„Geaechtet“
Foto: Birgit Hupfeld

Minstrel Show verkehrt herum

25. Februar 2016

„Geächtet“ im Dortmunder Megastore – Theater Ruhr 03/16

Amir (Carlos Lobo) sitzt schon auf dem Barhocker, wenn die Zuschauer den Saal im Dortmunder Megastore fluten. Silbrigrosa Anzug, rote Kontaktlinsen, ohne Hose, schließlich ist der Staranwalt mit indischen Wurzeln zu Hause bei starker Frau und teurem Handy. Ayad Akhtars Stück „Geächtet“ wurde 2013 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Kay Voges macht daraus nervenstarkes Poptheater mit Wahnsinnsbildern und dauerhaften surrealen Momenten. Die Rückwand ein Tableau aus stilisierter Stuckatur von Jasper Johns berühmter „White Flag“(1955), auf die ab und an auch originale Länderflaggen (US-amerikanisch, pakistanisch und israelisch) projiziert werden. Zwei weißgetünchte Paare auf ihrer Prozession in den Untergang. Küsschen. Amir will Teilhaber werden in der renommierten New Yorker Kanzlei; Emily (Bettina Lieder) seine Frau und Künstlerin will ihre erste große Ausstellung. Dabei helfen die Freunde Isaac (Frank Genser), zufälligerweise einflussreicher Kurator des Whitney-Museums, aber auch dessen Frau Jory (Merle Wasmuth), zufällig Arbeitskollegin von Amir.

Im Bühnencomic von Kay Voges haben diese auserlesenen Bewohner des Planeten alle durch Geburt erlangten Religiösitäten hinter sich gelassen. Fame, what you want is in your limo. Genau darum geht‘s, selbst wenn Amirs Neffe Abe (Merlin Sandmeyer) zum jugendlichen Salafisten wird – das reicht für ein Schmunzeln. Der Spaß hat ein Ende, wenn Emily mit tiefem Hang zu islamischem Kulturgut ihren Mann bittet, bei einem Gerichtstermin eines Imams dort vorbeizuschauen. Widerwillig lässt sich Islamhasser Amir darauf ein. Sein Pech. Seine Anwesenheit steht in der Zeitung, die Kanzlei wird misstrauisch, hinterfragt seine angegebene Vita. Tja, Pakistan ist nicht Indien, war es mal, aber jetzt nicht mehr, die Partnerschaft geht an Kollegin Jory, seine Frau betrügt ihn in Zürich mit Isaac. Und blopp, die Intellektuellen gehen an ihre Roots und sich gegenseitig an die Wäsche. Vorurteile und Hass zwischen Christen, Juden und Moslems flammen wieder auf. Die Eheringe fliegen. Und der ganz junge Robert Smith singt dazu seinen ersten Hit „Killing an Arab“ (1979). Klasse Schauspieler, klasse Regie. Chapeau.

„Geächtet (Disgraced)“ | R: Kay Voges | Mi 9.3., Sa 26.3. 19.30 Uhr | Megastore Dortmund | 0231 502 72 22

PETER ORTMANN

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