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„Benefiz“
Foto: Diana Küster

Satire mit Zeigefinger

24. November 2011

„Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ – Theater Ruhr 12/11

Eva, Christine, Leo, Rainer und Eckhard wollen etwas Gutes tun, etwas Gutes für arme Kinder in Afrika. Also studieren sie gemeinsam ein Programm für eine Benefiz-Show ein. Bei den Proben wird schnell klar, dass ihre Motivation nur auf den ersten Blick edel und selbstlos ist. In Wirklichkeit stehen sie bloß gerne im Rampenlicht, gefallen sich in der Rolle des professionellen Präsentators oder des betroffenen Gutmenschen. Und letztlich ist einigen von ihnen diese ganze „Benefiz-Bettelei“ sogar peinlich: „Dieses Mitleid – das geht gar nicht!“

Ingrid Lausund schrieb mit „Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ eine teils witzige, teils sogar bissige Satire um scheinheiliges Gutmenschentum, Eitelkeit und Political Correctness. 2004 am Schauspiel Köln uraufgeführt entwickelte sich das Stück vor allem in der Freien Theaterszene zum Dauerbrenner. Thomas Ladwig hat es nun auf die Bühne des Essener Grillo-Theaters gebracht. Lausund spielt in der Fünferkonstellation virtuos mit Charakterklischees: Silvia Weiskopf gibt als Eva den Typ der kritisch-wohlmeinenden Pädagogin, die bei jeder Verletzung der Political Correctness sofort an die Decke geht. Rainer (Stefan Diekmann) hat sich ein bisschen Halbwissen über Afrika angelesen und drischt aus Verlegenheit alle gängigen Klischees von Armut, Prostitution und dem harten Leben in einer „Militär-Demokratie“.

So weit, so witzig, zumal Regisseur Ladwig das Ganze noch mit einigen Slapstick-Einlagen würzt, die das Ensemble gekonnt über die Rampe bringt. Doch wie lässt sich ein solches Stück nach all diesem Spaß beenden, schließlich sind arme Kinder in Afrika tatsächlich ein ernstes Thema? Ingrid Lausund traut ihrem Publikum leider nicht allzu viel zu. Statt es bei klugen Seitenhieben und einem kaum zu verkennenden Subtext zu belassen, lässt sie Eckhard, den einzig Aufrechten der Benefizler, in einem langen Monolog seine Wut über die Ungerechtigkeit dieser Welt herausschreien. Das ist deutlich zu viel des Guten und liefert keine neue Erkenntnis. So bleibt am Ende der Beigeschmack von wenig subtilem Jugendtheater mit starkem pädagogischem Anspruch.

„Benefiz – Jeder rettet einen Afrikaner“ I Di 6.12., 19.30 Uhr I Grillo Theater Essen I 0201 812 22 00

KARSTEN MARK

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