„Falten, Flirts & Fantasien“ heißt das Motto der 59. Schwerter Kleinkunstwochen (bis 24.4.), in deren Verlauf in der Rohrmeisterei so ingeniöse Künstler und -Innen wie Maren Kroymann (am 6.3.), Neville Tranter mit seinem Stuffed Puppet Theatre „Mathilde“ (am 7.), die im Revier bestens bekannte Musik-Comedy-Truppe Butterfahrt 5 (am 13.), Thomas Freitag mit seinem Programm „Der kaltwütige Herr Schüttlöffel“ (am 27.), der ComedyNightMix-Abend mit Herrn Niels, dem WallStreetTheatre sowie Christian Lindemann & Lioba Albus (am 20.) zu bestaunen sind.
Lindemann hat sich einen Namen als „der neue König der Taschendiebe“ gemacht. Niemand weiß, um was er Frau Albus alias Mia Mittelkötter an diesem Abend erleichtern wird. Fest steht nur, dass beide ihren Spaß haben werden. Das gilt auch für Herrn Niels, ein komplett abgedrehter Pantomime mit magischen Qualitäten. Hundertprozentigen Körpereinsatz demonstrieren auch Herr Schultze und Herr Schröder vom WallStreetTheatre, zwei urkomische Mannsbilder, die über erstaunliche akrobatische Fähigkeiten verfügen und dabei den größten Blödsinn machen. Sehr lustig.
Neville Tranter, ein in Australien geborener und in den Niederlanden lebender Puppenspieler stellt zweifelsohne den überraschendsten Act der Kleinkunstwochen dar: seine Klappmaulpuppen sind Ausgeburten der Hölle wie Schicklgruber alias Adolf Hitler oder Frauen wie Mathilda. Harmloser ist das Vergnügen mit Butterfahrt 5, fünf Musik-Komödianten aus dem Ruhrgebiet, die zeitgemäße Musikstile gekonnt durch den Wolf drehen.
Dass die Schauspielerin Maren Kroymann eine zum Dahinschmelzen gute Performerin ist und über eine beachtliche stimmliche Bandbreite verfügt, hat sie bereits in ihrem ersten Solo „Auf du und du mit dem Stöckelschuh“ gezeigt. „In my Sixties“ heißt ihr neues Programm, in dem sie musikalisch in die 60er Jahre eintaucht – mit Liedern und Geschichten, die das Prachtweib zum Besten gibt.
Schauspieler-Kabarett at its best: Thomas Freitag in „Der kaltwütige Herr Schüttlöffel“. Seit 30 Jahren arbeitet der Mann in einer Bibliothek, die nun geschlossen werden soll. Er ist außer sich und droht damit, das Haus in die Luft zu sprengen. Bis es so weit ist und der Abend mit einem lauten Knall endet, holt Freitag unter der Regie von Horst-Gottfried Wagner eine ganze Reihe von Personen auf die Bühne, die sich ihre Gedanken über Geldgier, den Kapitalismus und die Einsparungen an kulturellen Einrichtungen machen: Er leiht einem Paar die Stimme, das sich im ständigen Optimierungs-Wahn befindet, er lässt Karl Marx persönlich auftreten und seinen Irrtum gestehen, zitiert Rilke, Goethe und Thomas Hobbes, nach dem der Mensch dem Menschen ein Wolf ist.
Auch im Bildungswesen sieht es übel aus. „Was ziehen wir uns da groß?“, fragt sich der Kabarettist angesichts einer Schautafel, auf der sich der Homo sapiens Schritt für Schritt zurückentwickelt. Der von Dietmar Jacobs geschriebene Text gibt dem Darsteller der zahlreichen Figuren – u.a. dem Schimpansen Rotpeter aus Kafkas „Bericht für eine Akademie“ – jede Menge Gelegenheit, sein schauspielerisches Können auszureizen und dem Stück bei aller Ernsthaftigkeit einen hohen Unterhaltungswert zu verleihen. Also nix wie hin zu den Schwerter Kleinkunstwochen – empfiehlt heißt und innig die stets über Tage lebende
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Zoten zum Verzweifeln
Kabarettisten klären auf über die Weltpolitik – Komikzentrum 04/20
Jenseits der Herrenwitz-Hegemonie
Gleichberechtigung durch Kabarett? Kebekus und Co. machen es vor – Komikzentrum 03/20
Gags mit Migrationshintergrund
Junge Comedians für ein multikulturelles Publikum – Komikzentrum 02/20
Sie passiert das Ebertbad
Die erstaunliche Hazel Brugger gastiert in Oberhausen – Komikzentrum 09/18
Von klug bis knackfrech
Das Zeltfestival Ruhr bietet für jeden Besucher etwas – Komikzentrum 08/18
Es läuft und läuft
Das RuhrHOCHdeutsch-Festival in Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 07/18
Sexy, lustig und extravagant:
Das RuhrHochdeutsch-Festival ist wieder am Start – Komikzentrum 06/18
Ganz ruhig bleiben
Zum 10. Mal: „Das Schwarze Schaf“ wird in Duisburg gekürt – Komikzentrum 05/18
Eine geistvolle Begegnung
Walter Sittler liest Dieter Hildebrandt – Komikzentrum 04/18
Geld war eher Zufall
Der Kabarettist Chin Meyer erklärt die Weltwirtschaft – Komikzentrum 03/18
Gehüpft wie gesprungen
Das Springmaus-Ensemble in Bocholt und Gelsenkirchen – Komikzentrum 02/18
Eine Dame wird sie nie
Tanja Haller zeigt in Bochum, was sie drauf hat – Komikzentrum 01/18
Deprimierende Weihnachtslieder
Jochimsen, Anna Mateur, Frittrang, Badey und Zingsheim – Komikzentrum 12/17
Tegtmeiers Erben gesucht
Im Kulturzentrum Herne findet das Wettkampf-Finale statt – Komikzentrum 11/17
Stopp an der Maulhaltestelle
Sting, Köbernick und Solga reden trotzdem weiter – Komikzentrum 10/17
Berauschend und unterhaltsam
Der KulturOrt Wichern lädt zum Lachen – Komikzentrum 09/17
Es wird langsam „höchste Zeit“
Im Ebertbad, beim ZFR und im Dortmunder Spiegelzelt – Komikzentrum 08/17
Direkt von vor der Haustür
Ohne Klopp, dafür mit Hausmann, Schroeder und Malmsheimer – Komikzentrum 07/17
Alles „über die Verhältnisse“
In Dortmund beginnt das Festival RuhrHOCHdeutsch 2017 – Komikzentrum 06/17
Im Kampf gegen die „Arschlochdichte“
Jochen Malmsheimer am 24.5. im Essener Stratmann’s Theater – Bühne 05/17
Mit Finten und Finessen
„Ohne Rolf“, FiL und „Basta“ erzählen schräge Geschichten – Komikzentrum 05/17
Böse Pillen mit Prosecco
Thilo Seibel und Maria Vollmer mit klugen Bestandsaufnahmen – Komikzentrum 04/17
Junges Himmelfahrtskommando
Tahnee und Simon & Jan sorgen für frischen Aufwind – Komikzentrum 03/17
Eine Jandl/Schneider-Kreuzung
Jan Philipp Zymny erweist sich als echtes Original – Komikzentrum 02/17
Feiner Humor und rauchiger Bass
Barbara Ruscher und „die feisten“ begeistern – Komikzentrum 01/17