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Michael Ehnert mit dem „Tier in ihm"
Foto: Agentur

Vorweihnachtliche Kollateralschäden

24. November 2011

Mit Albus, Ehnert und Schroth durch den Lichterketten-Wahnsinn – Komikzentrum Ruhr 12/11

Sie wissen nicht, wie man erotisch frohlockt? Kein Problem. Es gibt jemanden, der es ihnen zeigen kann: Lioba Albus, die Erfinderin der Dominasteine und selbsternannte Fachfrau für Selbstgebackenes, kennt sich aus mit vorweihnachtlichen Kollateralschäden. In diesem speziellen Fall hat sie sämtliche Zutaten für ein abwechslungsreiches Programm zusammengemixt. Heraus gekommen ist das Weihnachtskabarett namens „Single Bells“, mit dem sie vom 2. bis 14.12. im Bochumer Cabaret Queue gastiert. Als Fachmann für lustige Wortspiele lässt sich dagegen Robert Louis Griesbach bezeichnen. „Warten aufs Grieskind" heißt seine vorweihnachtliche Abrechnung mit dem Nikolaus und anderen schlimmen Vorboten der Festtage (am 16. und 17.12. an selber Stelle). Wesentlich leutseliger ist Eckart von Hirschhausen, der Arzt, dem kranke Frauen vertrauen: Seine diversen „Liebesbeweise" nimmt er am 13.12. in der Dortmunder Westfalenhalle unter die Lupe. Und siehe da – auch unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten lohnt es sich, freundlich zu sein. Mehr muss man dazu wohl nicht sagen.

Mit den dunklen Seiten der menschlichen Seele befasst sich Michael Ehnert, einer der besten Kabarettisten, die das Land besitzt: „Das Tier in mir – Deutschland primat" beginnt mit dem Ende (am 16.12. im Bahnhof Langendreer Bochum). Genauer: Der Mann auf der Bühne erlebt seine letzten Minuten im Airbus A-911, der zur Bruchlandung ansetzt. Eigentlich sollte er in diesem Moment mit Dankbarkeit auf sein Leben zurückblicken. Stattdessen regt er sich maßlos auf: über den Niedergang der Republik, über die Raabs und Ratzingers, die Aldi-Brüder und Ackermänner und was es sonst noch an Mitreisenden gibt, die den Untergang des Fliegers und seiner Passagiere beschleunigen. In dem von Martin Blau in 3D-Optik in Szene gesetzten Stück rüttelt Ehnert nicht nur an der Fassade des deutschen Gemeinwesens, er dringt tief darin ein und legt die verschmorten Enden einer Gesellschaft bloß, die bis in ihre Kapillaren mit Geiz, Gier und schlechten Witze verseucht ist. Ein Abend, den man so schnell nicht vergisst!

Auch Nick Niehoff hat allen Grund, sich aufzuregen: Sein Auto wurde abgefackelt, der Laptop, iPhone und sämtliche Papiere liegen verkokelt im Kofferraum. Wenn jemand so richtig schön in die Luft gehen kann, dann der Hamburger Kabarettist Horst Schroth, der in seinem neuen Programm „Was weg ist, ist weg" (am 8.12. in den Flottmann-Hallen Herne) HB-Männchen-Qualitäten an den Tag legt. Das von Ulrich Waller in Szene gesetzte Stück dreht sich allerdings erst in zweiter Linie um den Verlust von Wertsachen, in erster geht es um die Verwerfungen des Alters – inklusive aller damit verbundenen Ängste und Irrtümer. Im Mittelpunkt steht Frankie, ein erfolgreicher Notar, der „direkt unter dem Existenzmaximum“ lebt und nun alle seine Freunde und Ex-Freundinnen zu seinem 65. Geburtstag in ein Weinlokal eingeladen hat. Hier treffen sie zusammen, die Wallys und Renates, die bildschöne Malerin Olga und sein Sohn Tommy, von dessen Existenz er erst vor drei Jahren erfahren hat.

Wie man die Vergangenheit beschwört und damit ein erhellendes Licht auf die Gegenwart werfen kann, macht der Vollblut-Komödiant am Beispiel von „Alexis Sorbas" deutlich: Als der Mann das ihm anvertraute Geld verjubelt hat, tanzt er mit seinem Gläubiger am griechischen Strand Sirtaki. Alles ist schön zusammengebrochen – das muss gefeiert werden. Und wir tanzen mit – ganz unweihnachtlich – verspricht Ihre stets über Tage lebende

ANNE NÜME

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