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Szenenbild „Triptique“
Foto: teurk

"Wir wollten nie, dass am Schluss alles wunderbar ineinanerpasst"

01. Mai 2010

Das Renegade Theater Herne realisiert seine Auftragsproduktion in der alten Kokerei Hansa in Dortmund - Premiere 05/10

Wie kann man jemanden zum Schweigen bringen? Woher kriegen Superhelden eigentlich ihre Kostüme? Wie verläuft die positive Gewöhnung an den Maulkorb? Fragen, für deren Beantwortung Renegade drei verheißungsvolle Nachwuchschoreografen und -regisseure aus Paris, Köln und Kuba (Lorca Renoux, Frederik Rohn und Julio Cesar Iglesias) zu einem Theaterversuch angestiftet hat. Den ausgefallenen Rahmen geben die stählernen Kompressoren der alten Kokerei Hansa in Dortmund. Mit nicht mehr als einem Bildmotiv ausgestattet, welches im Vorfeld jedem Choreografen zugewiesen wird, steht jeder der drei vor einem Darstellerensemble aus zeitgenössischen Tänzern, B-Boys, einer langjährigen Schauspielerin sowie jugendlichen Laien. Innerhalb von drei Wochen soll eine Episode realisiert werden, die später in einer Inszenierung mündet. Jeder Austausch unter den Choreografen ist strikt untersagt, einzig die Besetzung bleibt dieselbe; die Darsteller sind kreative Mitverschwörer und Anstifter, wechseln die Choreografen, Kleider und ihre Rollen. Der Ausschluss der Choreografen von der Motivfindung und der Wahl der Darsteller sowie der knapp bemessene Faktor Zeit erhöhen den Schaffensdruck auf alle Beteiligten und zwingen dazu, äußerst fokussiert zu arbeiten. Danach werden diese dann unter den Händen der Dramaturgin Rachel Oidtmann in einer Art dramatischer Synthese verzahnt.

trailer: Frau Oidtmann, woher bekommen Superhelden nun ihre Kostüme?
Rachel Oidtmann: Die Frage wird im Stück nicht wirklich beantwortet. Sie kommt nur im Diskurs über die Motive in Triptique vor. Hier geht es um Magie und Superkräfte und alles, was gerade auch die beteiligten Jugendlichen damit verbinden. Da kam ein ganzer Wust von Fragen auf, die zwar in die Arbeit eingeflossen sind, aber natürlich nicht alle konkret beantwortet werden, es geht in erster Linie um die Stimmungen, die daraus erzeugt werden.

Was macht Breakdance als Mittel zum Erzählen einer Geschichte besonders?
Anders als beim klassischen Tanz hat der Breakdance eine besondere authentische Energie. Pottporus, der Verein aus Herne, der hinter der Performance steht, arbeitet ja schon viele Jahre mit Streetart und Breakdance, auch die Tanzkompanie Renegade hat dort ihre Heimat. Die relativ neuen Kunstformen fühlen sich irgendwie auch weniger prätentiös an. Sie sind näher an der Sache. Das liegt schon an ihrer Entstehungsgeschichte, es ging immer darum, ganz direkt einfache und ursprüngliche Emotionen auszudrücken, sich beim Tanz auch mal gegenüberzustellen, in einer Art Kampf, den sogenannten Battles. Es geht also darum, das Authentische zu bewahren und den Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, in ihrer Sprache zu arbeiten.

Kommen in „Triptique“ auch andere Streetart- Formen vor?
Das ist noch nicht klar. Wir sind aber schon dabei uns zu überlegen, innerhalb der Szenografie auch mit Graffiti zu arbeiten. Allerdings ist die Kokerei Hansa nur der Premierenspielort, das Stück geht dann auf Reisen. Zuerst nach Hagen ins Theater. Da muss man es natürlich schaffen, die ursprüngliche Atmosphäre mitzutransportieren.

Was bewirkt die isolierte Arbeit der drei Choreografen?
Die Idee war erst einmal, alle Überlegungen und Vorstellungen, die man vor und bei der Herstellung eines Kunstwerkes hat, einfach wegzunehmen, also ein künstliches Vakuum zu erschaffen, aus dem heraus die Choreografen arbeiten müssen. Für die ist das also eine ganz ungewohnte Situation, nur ein inhaltliches Motiv in die Hand gedrückt zu bekommen, mit dem sie vielleicht gar nicht so viel anfangen können. Sie dürfen sich mit den anderen Choreografen nicht darüber austauschen, was sie machen. Sie durften auch nicht die Darsteller aussuchen. Alles ist also fremd, und sie müssen erst einmal künstlich anfangen, daran zu arbeiten. Die Hoffnung ist, dass dadurch gewohnte Muster oder Arbeitsweisen gebrochen werden und man vielleicht etwas Neues findet.

Sie führen dann diese drei Choreografien dramaturgisch zusammen?
Genau. Das passiert nach der Erarbeitung der jeweiligen Choreografien. Die Choreografen sind dann nur noch bedingt daran beteiligt. Bei der Auswahl der Motive wurde schon ein bisschen darauf geachtet, dass es thematisch hinterher nicht komplett auseinandergeht. Es bleibt allerdings ein Experiment und damit die Gefahr, dass es doch passiert. Aber ich glaube, alle arbeiten an ähnlichen Themen, und man wird sehen, ob man dann alles komplett vermischt oder mit Zwischenteilen hintereinander verbindet. Das war ja auch der Reiz für das Produktionsteam, dass es nicht so beeinflussbar ist. Wir wollten nie, dass am Schluss alles wunderbar ineinanderpasst, sondern schauen, was passiert, wenn die Mittel gleich, aber die Choreografen mit ihren persönlichen Hintergründen unterschiedlich sind.

Das Stück heißt „Triptique“, auf Deutsch Triptychon. Das ist eigentlich ein Tafelbild mit zwei Seitenflügeln. Wird eine Choreografie in den Mittelpunkt gestellt?
Nein. Es ist jedenfalls nicht so gedacht, da alle Choreografen in der gleichen Zeit dasselbe Material bearbeiten.

PETER ORTMANN

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