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Daniel Nipshagen und Moana Köhring im kleinsten Kino von Bochum
Foto: Betty Schiel

Die Bastion

30. August 2012

Das kleinste Kino Bochums – Kino.Ruhr. 09/12

Vor einem Jahr hat die Künstlergruppe no-budget-arts die Bastion in neuen Räumlichkeiten eröffnet, nachdem sie eine Dekade den Bunker am Springerplatz in Bochum bespielt hatte. In einer kleinen Gasse an der Karl-Lange-Straße hinter der Strafvollzugsanstalt treibt die Gruppe mit einem 16-Plätze-Kino ihr Veranstaltungskonzept auf die Spitze: kein Eintritt, kein regelmäßiges Programm, kein Budget, aber mehr als nur Kino.

trailer: Herr Nipshagen, was hat es mit no-budget-arts auf sich?
Daniel Nipshagen:
no-budget-arts ist ein gemeinnütziger Kulturverein, den es seit 12 Jahren gibt. Am Anfang war das eine Künstlergruppe: Künstler, die kein Budget hatten, ihre Projekte zu realisieren, haben zusammen Veranstaltungen gemacht, um etwas mehr Aufmerksamkeit zu bekommen. In der alten Bastion am Springerplatz ging es darum, ein Kulturprogramm für einen sehr günstigen Eintrittskurs anzubieten. Mit dem Umzug in die neue Bastion an der Karl-Lange-Straße heißt no-budget-arts für uns, Kultur zu machen, die herausgelöst ist aus dem wirtschaftlichen Kontext, ein Kontrapunkt zu diesem populären Kreativ- und Kulturwirtschafts-Ansatz. Das heißt, wir machen hier unregelmäßig Kultur-Veranstaltungen: Konzerte, Lesungen, Theater. Der Eintritt ist immer frei. Es ist also wirklich nach Lust und Laune, je nachdem, was uns angeboten wird, herausgelöst aus den Zwängen, die man sonst immer hat als Veranstalter. Dieses Konzept wollen wir auf die Spitze treiben. Die Veranstaltungen finden immer in unserem kleinen Kino statt, begrenzt auf 16 Leute.

In dem Kino finden also nicht nur Filmvorführungen statt. Aber was zeigen Sie, wenn Sie Filme spielen?
Wir sind große Kino- und Film-Fans und haben schon seit Jahren die Kinemathek, eine Sammlung von Filmen, die wir ständig erweitern. Wir bieten kein regelmäßiges Kinoprogramm mehr an, aber das Kino kann von privaten Gruppen jederzeit genutzt werden, um dort Filme zu schauen. Im Rahmen bis 16 Personen kann man das kleinste Kino Bochums für private Filmabende nutzen.

Sie bieten also den Ort an und Anregungen, was man anschauen könnte?
Es kommen auch manchmal Filmfreaks mit sehr speziellen, abgefahrenen Filmen, die sie zu Hause haben, die wir selber gar nicht kennen. Aber wir können natürlich auch Anregungen liefern.

Woraus besteht die Sammlung?
Das sind hauptsächlich Klassiker. Der Verein kauft auch immer neue Filme an auf DVD, und wir haben natürlich auch noch ganz viele Videos.

Würden sich nicht auch Filme anbieten von FilmemacherInnen aus der Region?
Wenn Leute aus der Region Lust haben, ihre Filme zu zeigen, sind wir dafür jederzeit offen. Man kann sich also an uns wenden, und dann wird da sicher was möglich sein.

Wird das Kino von den Leuten genutzt?
Das Kino wird gut angenommen. Mehrmals im Monat sind Gruppen da. Hier sogar öfter als in der alten Bastion. Hier kann man ja jetzt sogar in der dritten und vierten Reihe was sehen im Gegensatz zu früher. (lacht) Wir haben den Service wie früher in alten Kinos, dass man während der Vorstellung per Telefon was bestellen kann. Das wird auch sehr gerne angenommen. Viele jüngere Gäste sind schon von dem Gerät fasziniert, weil sie Wählscheiben-Telefone gar nicht mehr kennen und sehr skurril finden.

Was findet noch in dem Kino statt?
Wir haben in den letzten Monaten öfter Lesungen gemacht in der Reihe „Gimme More Truth“. Dann haben wir ein paar Mal im Kino unsere eigenen Produktionen aufgeführt. Das ist ein Ding zwischen Theater, Performance-Kunst und Literatur, und wir wollen demnächst auch Konzerte anbieten. Der Raum ist so klein, dass das Publikum eigentlich mittendrin sitzt. Diese Nähe finden wir spannend.

Warum sind Sie vom Springerplatz weggegangen, obwohl sich das Viertel gerade gut macht?
Wir wollten da nicht unbedingt weg, aber das Gebäude ist an einen privaten Investor verkauft worden, der andere Pläne hatte. Also haben wir uns alle möglichen Industriegebiete und leer stehenden Gebäude angeschaut. Die Gasse mit diesem „Rotlicht-Charme“ und den Backsteingebäuden hat uns sofort gefallen.

Ist es Teil Ihrer Kompromisslosigkeit, mit der Bastion so weit von der Innenstadt wegzugehen?
Auf dem Stadtplan sind wir nicht weiter vom Hauptbahnhof entfernt als vorher am Springerplatz, vom Bahnhof aus ist man nach zwei Haltestellen hier und läuft noch fünf Minuten. Es ist uns natürlich bekannt, dass das Ruhrgebiets-Publikum sehr verwöhnt ist durch die Vielzahl von Veranstaltungen. Man hat den Eindruck, dass man immer größere Geschütze auffahren muss, um die Leute von der Couch wegzukriegen zu irgendwelchen Sachen, die nicht so etabliert sind. Wir machen es von vornherein so klein und exklusiv, dass jeder, der Bock hat, jederzeit kommen kann, aber wir werden keine Tänze aufführen, um Massen hierher zu ziehen. Weil es hier klein und kompakt ist, bietet sich die Location für so ein Konzept an.

Zwischen der Freiheit der Kunst und notwendiger Finanzierung klafft oft eine Lücke. Wie gehen Sie damit um?
Das ist das Dilemma, in dem jeder steckt, der Kultur oder Kunst macht, sei es als Künstler oder Veranstalter. Das haben wir jahrelang so erlebt. Letztendlich ist das Konzept, für das wir uns hier entschieden haben, ein kleiner Luxus, den wir uns leisten und der darin besteht, nichts zu haben. Wenn man nichts hat, kann man auch nichts verlieren.

Dann kann man aber auch nichts ausgeben.
Wir versuchen, uns verschiedene Standbeine zu schaffen. Das Kulturprogramm der Bastion soll komplett ehrenamtlich, uneigennützig und unkommerziell sein. Wir kriegen seit Jahren keine Förderung mehr. Das beantragen wir auch gar nicht. In Zeiten, in denen überall gekürzt werden muss und soll, ist es eine angenehme Position, sich darüber keinen Kopf machen zu müssen, wann jetzt welche Kürzung kommt. Zum Geldverdienen machen wir andere Sachen: Wir bieten die Räumlichkeiten für private Partys an und treten als Künstler auf. Aber der Kulturbereich der Bastion funktioniert komplett unabhängig. Wer hier hinkommt, um was zu machen, weiß im Vorhinein, dass er das aus Spaß macht, aus Leidenschaft; um sich von dem Ort, dem Publikum, dem Rahmen inspirieren zu lassen. Hier gibt es nichts zu verdienen. Man wird hier weder reich noch berühmt, aber man hat vielleicht einen schönen Abend.

Betty Schiel

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