Seit 1978 macht die Filminitiative Herdecke Programm, und seit fast 20 Jahren betreibt dieser Filmclub das charmante, kleine Kino Onikon im Kulturhaus. Hier gibt es Filme zu sehen, zusammengestellt von Bürgern für Bürger. Der Cineast Friedhelm Schürrmann ist der Vorsitzende der Filminitiative.
trailer: Wie sah die Kinosituation in Herdecke aus als der Filmclub 1978 loslegte?
Friedhelm Schürrmann: Das letzte Kino hatte 1974 die Pforten geschlossen, da ist ein Lebensmittel-Discounter hineingekommen. Das war der Grund für die Cineasten in Herdecke den Filmclub zu gründen.
Wie groß ist der Herdecker Filmclub und wie viele Bürger hat die Stadt?
Herdecke hat knapp 25.000 Einwohner und der Filmclub hat zurzeit 75 Mitglieder.
Wie ist die Aufgabenverteilung in Ihrer Gruppe?
Die Filminitiative betreibt das Kino ehrenamtlich. Das Onikon ist ein Zwitter zwischen kommunalem Kino und Programmkino. Die Stadt Herdecke stellt die Räumlichkeiten zur Verfügung. Wenn die Stadt irgendwann auf die Idee käme, uns Miete abzuverlangen, müssten wir dicht machen. Das können wir nicht stemmen.
Und wer macht das Programm?
Das ist eine Besonderheit bei uns. Die Filmauswahl geschieht basisdemokratisch in regelmäßigen Versammlungen. Es werden Filme vorgeschlagen, und dann wird gewählt.
Wie sieht das inhaltlich aus?
Wir zeigen vorwiegend Arthouse-Filme. Wir orientieren uns da an der AG Kino-Gilde, an dem Dachverband der Programmkinos in Deutschland, aber auch an einschlägigen Veröffentlichungen. Viele Mitglieder haben die epd Film oder den filmdienst abonniert. Das sind unsere Quellen, und verschiedene Filmfestivals.
Verfolgen Sie auch die Festivals in NRW?
Das Lüner Filmfest wird besucht und das Frauenfilmfestival Dortmund|Köln.
Ich dachte auch an die Blicke. Festival des Ruhrgebiets wegen des lokalen Bezugs.
Wir zeigen ab und an Filme aus der nahen Umgebung. Unsere Mitglieder sind natürlich daran interessiert Filme vorzuschlagen, die bei den Zuschauern ankommen. Es ist sicherlich nicht unbedingt förderlich, wenn wir nur 3-4 Zuschauer pro Vorstellung hier haben. Unser Kino hat 97 Plätze, und es ist sehr schön, wenn auch nervenaufreibend, wenn wir manchmal ausverkauft sind.
Sie geben sich auch Mühe über das Programm hinaus atmosphärisch für gute Stimmung zu sorgen.
Regelmäßig führen wir eine Sonntags-Matinee durch. Dazu wird Kaffee, Croissants und Sekt gereicht. Ein weiteres Highlights unseres Kino-Jahres sind die Filmwochenenden, wo wir RegisseurInnen einladen. Ende Januar laufen unsere Französischen Filmtage. Wir haben in der Regel zwei Vorstellungen in der Woche, hinzu kommen Sonderveranstaltungen. Wir haben auch einen Jugendabteilung. Auch die führen ihre Versammlungen durch und wählen die Filme aus, die dann ins Kinder-Programm kommen.
Sie führen 35mm Technik vor. Können das alle Mitglieder?
Im Moment haben wir leider nur 5 Mitglieder, die vorführen. Die Jugendlichen können alle vorführen. Sie kleben die Filme zusammen, führen sie vor, nehmen sie hinterher wieder auseinander und verpacken sie versandfertig.
Da Sie das einzige Kino sind, haben Sie keine Konkurrenz.
Jeder Film ist möglich, wobei wir, was die Aktualität angeht, immer ziemlich weit hinten platziert sind bei den Verleihen. Unsere Eintrittspreise sind hier in der Gegend unschlagbar. Wir haben nur zwei Vorstellungen pro Woche. Wir bieten allerdings kein Popcorn an.
Aber Getränke?
Ja. Der Thekenbetrieb wird vor und während der Vorstellung betrieben. Wir müssen eine technikbedingte Pause machen. Und das bringt natürlich einen gewissen Umsatz an der Theke. Wenn wir die Digitalisierung durchführen, wird sich das etwas verändern.
Wunderschön ist das Mobiliar im Foyer.
Das ist das Interieur einer ehemaligen Eisdiele in Hagen. Vor zwei Jahren haben wir die Rundtheke als Prunkstück mal entliehen an den Landschaftsverband Westfalen Lippe für eine Ausstellung. Die Eismaschine wurde damals auf Vordermann gebracht.
Wie sind Sie verortet? Im Prinzip müsste doch jeder Herdecker das Kino kennen?
Wir stellen immer wieder fest, dass es doch Herdecker gibt, die uns noch nicht kennen. (kichert) Aber wir sind ganz gut vernetzt. Beim letzten Kommunal-Wahlkampf haben sich alle Parteien mit dem Onikon gebrüstet.
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