Mitte der 80er Jahre wurde der ehemalige Bahnhof Langendreer besetzt und als Kulturzentrum erschlossen. Im alten Wartesaal 1. Klasse eröffnete 1988 das Endstation.Kino und überzeugt seitdem mit einem anspruchsvollen Kunstkino-Programm für Filmliebhaber, das regelmäßig ausgezeichnet wird. Anke Teuber ist eine der beiden Programmverantwortlichen des Kinos.
trailer: Was ist Euch bei der Programmierung wichtig?
Anke Teuber: Es ist uns wichtig, eine Vielfalt zu erhalten. Wir zeigen eine Menge Filme, dafür dass wir nur einen Saal haben. Das erreichen wir durch das feste Monatsprogramm. Die Leute wissen sehr früh, wann ein Film laufen wird und können dementsprechend planen. Unser Kino hat 86 Plätze. Die Filme, die hier laufen sind nicht für die Masse gemacht. Im Oktober läuft „Bombay Diaries“, von dem es nur eine Film-Kopie gibt. Das Kernstück des Kinos sind die exklusiven Erstaufführungen.
Ihr legt großen Wert auf Filmreihen.
Es gehört zum Konzept. Wir können so ältere Filme zeigen und sie in einen bestimmten Kontext stellen. Ich finde grade im Schauspiel- oder Regie-Bereich ist es sehr spannend, zu schauen, wie ein Künstler sich entwickelt hat. Wir sehen uns nicht nur als dürres Abspiel-Kino, das eine Erstaufführung nach der anderen raushaut, sondern es hat immer schon zum Anspruch gehört, dass man eine Anlaufstelle ist für Leute, die gerne mal einen älteren Film gucken oder ein Filmgespräch mit Regisseur miterleben wollen oder Lust haben, eine Einführung zu einem Film anzuhören. Ich glaube es ist ein Ort, an dem man sich eine gewisse Filmkompetenz erarbeiten kann. Wie funktioniert der Film eigentlich, wie ist die Kamera, wie ist er inszeniert, in welchem Genrekontext steht er? Wir sind auch ein Ort für Filmliebhaber, die Lust drauf haben viel zu gucken und nicht nur einmal im Jahr ins Kino gehen, wie der Durchschnittsbürger.
Dadurch dass Film sich auch in der Rezeption demokratisiert hat, interessiert Repertoire nicht mehr. Du musst dafür nicht mehr ins Kino gehen, du kannst es dir zu Hause angucken. Das ist eine krasse Konkurrenz. Der Markt ist total zusammengebrochen…. Du bekommst mehr Filme für den Privatgebrauch als fürs Kino. Das war früher anders. Diese ganze Nostalgie und Romantik, wenn man sich so einen alten Film auf Leinwand anguckt... (lacht).
Ihr zeigt viele Filme im Original.
Das ist unsere Präferenz, grade bei Sprachen, die gängig sind, wie Englisch.... Filme im Original haben eine größere Intensität, weil du die Original-Stimmen hörst. In Deutschland ist es leider nicht so akzeptiert. Die Leute sind gewohnt, dass synchronisiert wird. Dabei geht einiges verloren. Es ist sicher eine Frage der Gewohnheit, aber z.B. bei einem japanischen Film in der deutschen Fassung habe ich nicht das Gefühl, dass die Sprache zur Kultur passt. Ich kann es nur empfehlen, man sollte ganz unvorgenommen reingehen. Kinder haben da eigentlich überhaupt keine Probleme mit. Just try!
Ihr präsentiert auch Stummfilme?
Einer der letzen war „Spione“ (1928) von Fritz Lang, nicht so bekannt wie Metropolis, aber erstaunlich modern. Ich finde es spannend, den Leuten sowas im Kino zu bieten – mit Klavierbegleitung. Wir hoffen, dass sie neugierig genug sind, nicht nur Bewährtes zu gucken, weil das irgendwann auch mal langweilig wird. Wobei wir Stummfilme relativ selten zeigen, es ist einfach teuer. Wir freuen uns immer, wenn wir die Möglichkeit dazu haben.
Gibt es einen Dialog im Programm mit Euch und dem Kulturzentrum?
Bei gesellschaftspolitischen Inhalten kann man gut kooperieren, z.B. mit dem Nord-Süd-Büro, der politischen Abteilung, zu bestimmten Ereignissen in Lateinamerika. Wir haben viele Filme aus diesen Ländern im Programm. Auch dadurch, dass wir sehr viele Dokumentarfilme spielen, gibt es Schnittmengen. Es gibt dann eine Veranstaltung hier im Haus und dazu wird im Kino ein Film gezeigt.
Wie ist es mit Eurer Finanzierung bestellt?
Das Kino finanziert sich über die Einnahmen und über Prämien. Einmal im Jahr vergibt die Filmstiftung NRW Prämien an Kinos für herausragende Filmprogramme. Das sorgt dafür, dass viele Kinos weiter arbeiten können. Die Endstation ist immer ganz oben mit dabei. Auch vom BKM werden Filmkunsthäuser in ganz Deutschland ausgezeichnet.
Es finden auch Festivals im Endstation statt
Für „Blicke. Filmfestival des Ruhrgebiets“ sind wir sozusagen die Gastgeber. Unser eigenes Festival, das wir seit vielen Jahren in Kooperation mit dem Institut für Psychotronik machen, ist das „Festival des deutschen psychotronischen Films“ (27.-29. Oktober). Das ist ein Filmfestival, das sich Underground, Subkultur und Trashfilm verschrieben hat. Alles was ein bisschen abseitiger ist, schräg vielleicht. Im weitesten Sinne würde man sagen, Filme, die Kultcharakter haben.
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