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35mm-Projektor nicht nur zur Dekoration

Vorstadt-Kino

30. Oktober 2012

Die Postkutsche in Aplerbeck – Kino.Ruhr. 11/12

Die Filmbühne in Dortmund Aplerbeck ist eines der letzten Stadtteil-Kinos im Ruhrgebiet. Betreiber Robert Schütte liegt die Filmkultur mit dem persönlichen Touch am Herzen.

trailer: Herr Schütte, wieso wird Ihr Kino von den Dortmundern „Postkutsche“ genannt?
Robert Schütte
: Eigentlich heißt das Kino Filmbühne, weil hier früher auch Bühnen-Auftritte stattfanden. Das Hotel nebenan heißt Postkutsche. Deswegen hat man schon immer gesagt: Wir gehen in die Postkutsche.

Was für eine Bühne war das?
Das war früher ein Tanzsaal, ein Veranstaltungsraum mit Bühnenauftritten. Mitte der 50er Jahre hat ihn die Inhaberin des Hotels zum Kino umgebaut. Der Vorführraum und alles ist nachträglich eingebaut worden. Es gibt noch eine richtige Garderobe. Am Anfang gab es im Kino auch noch öfter Bühnenauftritte. Ich habe es dann gelassen: Sie müssen die Leinwand zusammenklappen, die wird in den Bühnentrakt geschoben. Wenn der Auftritt vorbei ist, muss die Leinwand wieder nach vorn, die schwarze Umrandung wieder dran. Das ist ein Aufwand ohne Ende, da sitzt man fast einen Tag dran.

Früher gab es viele Stadtteilkinos. Mittlerweile ist die Filmbühne das letzte Vorort-Kino.
Es gab früher 76 Kinos hier in Dortmund, und die Film-Bühne in Aplerbeck war das jüngste Kino. Hier gab es noch zwei, in Hörde sechs Kinos. In Schüren ist jetzt ein Second-Hand-Shop drin.

Erinnern Sie sich noch an das große Kinosterben?
Ich erinnere mich schon daran, aber ich habe das Kino erst 1987 übernommen, einfach aus einer Laune heraus. Ich war beim WDR als Cutter beschäftigt und habe das hier aus Spaß an der Freude gemacht. Naja, und dann ist das ein Selbstläufer geworden. Ich habe noch Kinos in Meschede und Lüdenscheid eröffnet und musste meinen Hauptberuf aufgeben. Dieses ist mein erstes Kino, man hängt da auch dran. Dass man mit der Filmbühne reich wird, glaube ich nicht, aber: Man erhält es, damit es ein bisschen Kultur hier gibt.

Sie machen es aus Gewohnheit?
Nein, das nicht. Weil es mir Spaß macht und weil ich es wichtig finde, dass hier eine Kultur bestehen bleibt. Sonst wäre ja nichts mehr außer CineStar. Gucken Sie sich’s an: Es ist wie eine Massenabfertigung. Hier werden die Zuschauer noch individuell betreut. Ich habe engagierte Leute, die hier arbeiten, denen das Spaß macht. Das zeichnet dieses Kino aus, wie auch andere kleine Kinos wie Roxy, Camera und Schauburg.

Kommt Ihr Stammpublikum aus dem Ort?
Die kommen von überall: aus Schwerte, Hörde, Lünen. Die Leute kommen, weil dieses Kino Kult ist. Es ist in die Jahre gekommen, aber das wollen die Leute auch so haben. Und man muss den Preis sehen: 5,50 Euro für eine Hauptvorstellung. Auch bei den Getränken sind die Preise unter Tankstellen-Niveau.

Was macht den Kult-Faktor denn aus?
Das ganze Flair. Alles ist aus den 50er Jahren: die Wandbespannung im Saal, das Foyer. Alles ist erhalten geblieben, wie es damals gebaut worden ist. Die Leute sind hier als Kinder ins Kino gegangen und kommen jetzt mit ihren eigenen Kindern. So trägt sich das von Generation zu Generation weiter.

Aber irgendein Geheimnis muss es doch geben, dass es als letztes Stadtteilkino besteht?
Alles hier ist Heimarbeit. Ich habe selbst den Boden verlegt, die Stühle angeschraubt, den Pinsel geschwungen, die Technik eingerichtet. Man muss hier schon die Sache in die Hand nehmen. Und ganz wichtig: Das Personal muss auch mitziehen, die müssen Filmfreaks sein. Wir sind weit weg vom Stadtzentrum, und ich denke, viele Leute sind der großen, unpersönlichen Kinos müde geworden. Hier ist alles sehr persönlich, meine Leute machen das persönlich. Auf meiner Homepage im Gästebuch gibt es nur positive Rückmeldungen. Die meisten hoffen, dass es erhalten bleibt. Das ist mein Hobby. Ich muss von dem Kino nicht leben. Aber wenn es irgendwann ins Minus geht, dann mache ich zu. In den 1990er Jahren hat mein Steuerberater gesagt: „Mach’ die Hütte zu. Hier kommt keine müde Mark rein.“ Aber ich habe immer daran geglaubt. Und siehe da: Die Zahlen sind besser geworden. Nach der Krise 2009 hat es sich mittlerweile wieder stabilisiert und der Trend geht wieder nach oben.

Gibt es Sonderveranstaltungen?
Ich plane noch ein Seniorenprogramm auf Wunsch der Gäste. Ansonsten findet hier ab und zu Puppentheater statt, für das der Saal extern gemietet wird.

Haben Sie Ihren Saal schon digitalisiert?
1990 tonmäßig. Wir haben keinen digitalen Beamer hier. Da müsste vielleicht die Stadt sagen: „Hör mal zu, Schütte: Du kriegst jetzt eine Förderung, weil du schon so lange bestehst. Kauf davon einen Beamer!“

Was machen Sie denn, wenn es auf absehbare Zeit keine 35mm-Kopien mehr gibt?
Dann werde ich zumachen. Sonst müsste ich die Preise zu stark anheben. Das Problem ist auch, dass die Leute immer versuchen, ihre eigenen Süßwaren mit rein zu schmuggeln. Gerade hatte ich auch Kunden, die wollten auf die 5,50 Euro noch eine Ermäßigung. Die tun mir dann so leid, dass ich sage: Gehen Sie umsonst rein.

Wie sieht das Programm aus?
Reines Familienprogramm, wo die gesamte Familie reingeht. Für jeden etwas. Ich finde das wichtig. Man kann nicht nur mit Multiplex-Kinos leben. Es muss auch Nischenkinos geben, die ein bestimmtes Publikum abdecken. Ich weiß noch, als der CineStar aufgemacht hat, sagte der Oberbürgermeister Samtlebe: „Endlich wird mal ein vernünftiges Kino eröffnet.“ Was ist denn mit den anderen Kinos? Die sind zwar in die Jahre gekommen, aber das sind schöne Kinos. Er sagte auch, dass die alten Kinos keine Angst haben müssen. Wie Sie sehen, haben fast alle nacheinander zugemacht. Der Bedarf ist ja da; das Bild ist da; der Ton ist top. Was will man mehr? Es sind zu wenig Kinos. Was hier in Dortmund noch fehlt, ist ein Kino-Center mit sieben Sälen. Das müsste mal einer machen und mehrere Schienen abdecken. Nicht nur Popcorn-Kino, sondern auch Kino auf hohem Niveau. Ich habe mich damals für das Film-Casino in der Stadt, das es als Ort ja noch gibt, interessiert, aber die Besitzerin will kein Kino mehr haben. Schade eigentlich. Das ist ein sehr schöner Saal, der seit zehn Jahren leer steht.

INTERVIEW/FOTO: BETTY SCHIEL

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