New York, New York, die „Stadt, die niemals schläft“ ist Ausgangspunkt der neuen Ausstellung im MuT, die hauptsächlich aus dem Sammlungsbestand gespeist wurde. Auch weitere Metropolen sind im Bilde, wobei der konkrete Ort letztlich egal ist, denn es geht um die Stadt an sich und ihre Entzauberung. Weder Freiheitsstatue noch Eiffelturm oder markante Sehenswürdigkeiten stehen dabei im Fokus, sondern die Nebenschauplätze: Hinterhöfe, Straßenschluchten, Zwischenbereiche, Stadtmöblierung und Passagen – anonyme urbane Unorte, sichtbar gemacht aus eigenwilligen Perspektiven. Der künstlerische Blick akzentuiert „Stadtraum“ ungewohnt neu, nutzt ihn für grafische Kompositionen, lädt ihn atmosphärisch auf, drückt persönliche Stimmungen aus und zeigt, wo der Mythos Stadt bröckelt. Während der Alltag weitergeht.
Zum Start in den Ausstellungsparcours fängt ein raumgreifendes Objekt den Blick, das man sofort als Tankstelle liest, obwohl Zapfsäulen fehlen. Daneben steht ein beleuchteter Snackautomat, in dem ein einziger Schokoriegel darauf wartet, dass Besucher 1 Euro einwerfen. Das desolate Ensemble vom Team Fort (2017) ist aber auch schon die einzige skulpturale Installation – zu sehen sind Fotografien, Gemälde und Videoprojektionen, rund 60 Werke, 22 künstlerische Positionen. Berenice Abbotts historische Nachtaufnahme aus der Vogelperspektive auf das beleuchtete New Yorker Hochhaus-Meer (1932) hängt neben der 3-Kanal-Videoprojektion „Tracers“ (2013): Melanie Manchot folgte Parkour-Läufern durch Newcastle und filmte, wie sie mit spektakulärer Akrobatik die Stadtarchitektur überwinden und sich körperlich aneignen. Drei wunderbare Gemälde mit beiläufigen Paris-Motiven dokumentieren, dass Auguste Chabaud sich 1907 in der Seine-Metropole nicht heimisch fühlte.
Der erste Ausstellungsraum ist der facettenreichste. Für die etwas beliebig wirkende Zusammenstellung entschädigen die allesamt hochkarätigen historischen wie zeitgenössischen Arbeiten, etwa Caroline von Grones Ölbild von 2007, das die malerischen Qualitäten verspiegelter Fliesen in einer U-Bahn-Unterführung bezeugt, beklemmende Impressionen aus Mumbais Vorstadtslums (P. Bialobrzeski, 2018) oder Peter Wegners Fotoserie kopfstehender New Yorker Straßenschluchten (2009), die zwischen Wolkenkratzern Kippfiguren bilden.
Die Stadt ist anderswo. Revision eines Traums | bis 21.4. | Situation Kunst im MuT, Bochum | 0234 322 85 23
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