Der Wissenschaftspark Gelsenkirchen mit seiner rund 300 m langen Glasarkade am Seerosenteich ist für die Region eine ähnlich pittoreske Institution wie das Pixelprojekt_Ruhrgebiet. Beide sind eng verbandelt. Die digitale fotografische Sammlung hat in dem architektonisch markanten Bau seit ihrer Gründung 2003 ihre Schaltzentrale, wächst Jahr für Jahr um viele Foto-Serien an – und präsentiert hier seither die Neuaufnahmen des Jahres: zum 20. Jubiläum 21 Fotoserien von 22 freien Fotografinnen und Fotografen, die eine hochkarätige Fachjury für aufnahmewürdig befand. Wie immer ist nun eine bunte Mischung an Qualitätsfotografie aus unterschiedlichen Bereichen und Zeiten zu sehen, ein Best-of von jeweils 5 bis 7 Motiven aus jeder Serie: Porträts, Landschaft, Stadt, Arbeit, Ruhrpottfolklore, Orte und Unorte bei Tag und Nacht, mal intim, mal nüchtern dokumentiert – Bilder fürs kollektive Gedächtnis der Region aus rund 40 Jahren, 130 Fotos insgesamt.
Am besten betritt man die Ausstellung über den nördlichen Seiteneingang. Die 21 Serien sind über die volle Wandlänge des Erdgeschosses aufgereiht, doch nicht einzeln untertitelt. Hintergrundinfos, meist von den Urhebern selbst, leiten jede einzelne Serie ein – teils assoziativ, teils stichwortartig spröde, teils anrührend geschildert. Selbst den ausdrucksstärksten Motiven schließen sie tiefere Ebenen auf. So begleitet man mit viel Zeitkolorit junge Liebespaare der 1980er-Jahre in ihren bürgerlichen Ehealltag (Norbert Enker) oder Heiko Tiemann auf einer Sentimental Journey in seine Jugend. Man erfährt von der Hahneköppen-Tradition einer Essener Karnevalsgesellschaft (Tom Striewisch) und dass es mit einigen abgelichteten Stammgästen von Udos Büdchen am Kassenberg nach dessen Abriss kein gutes Ende nahm (Claudia Thoelen). Und warum der chinesische Fotograf Xiaole Ju gern Ruhrgebiets-Wildblumen fotografiert, doch ausschließlich in Schwarz-Weiß.
Natürlich kann man sich diese Neuaufnahmen in vollem Umfang samt Begleitinfos jederzeit auch mit mittlerweile 570 weiteren Pixelprojekt-Serien – über 10.000 Einzelbildern von 360 Fotografen – digital unter www.pixelprojekt-ruhrgebiet.de anschauen. Doch Bilder einer Ausstellung, die man Schritt für Schritt abschreitet, genießen mehr Aufmerksamkeit und hinterlassen eine intensivere Nachwirkung.
Pixelprojekt_Ruhrgebiet: Neuaufnahmen 2022/2023 | bis 28.10. | Wissenschaftspark Gelsenkirchen | 0209 36 65 37 18
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