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Verdichtete Innenstädte (wie hier in Bochum) kühlen in heißen Sommern kaum noch ab. Manche Menschen sterben dadurch vorzeitig
Foto: Tom Jost

Sommerhitze in Ballungsräumen

25. Juni 2015

Projektbetreuer Dr. Paul Dostal (DLR) über innerstädtische Hitzebelastung, Wassermangel und mögliche Gegenmaßnahmen – Innovation 07/15

trailer: Herr Dostal, warum schaut das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) auf das Ruhrgebiet?
Dr. Paul Dostal: Der DLR-Projektträger ist die Schnittstelle zwischen Politik und Forschung. Er wurde für das Forschungsprojekt „KLIMZUG“, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird, mit der Unterstützung von „Klimaanpassung in Regionen“ beauftragt. Eine dieser Regionen, die untersucht wurden, ist das Ruhrgebiet.

Regierungen reden vom 2-Grad-Klimaziel, hier soll es bis zum Ende des Jahrhunderts 3,5 Grad wärmer werden können.

Dr. Paul Dostal
Foto: privat

Dr. Paul Dostal: „Wasserspreng-Fahrzeuge haben einen Effekt von einer halben Stunde.“



Das liegt nicht nur am globalen Wandel, sondern auch daran, dass hochverdichtete und -versiegelte Räume selbst zum lokalen Klima beitragen. Oberflächenvergrößerung durch Gebäude, mit denen man alles vollbaut und die Gebäude-Materialien bewirken einen „Extra-Temperaturzuschlag“.

Thermografien zeigen, wie sich die Städte aufheizen. Zwischen Schalke und dem Mechtenberg liegen vier Kilometer Luftlinie, aber nachts sieben Grad Temperaturunterschied.
Wenn ich eine Freifläche habe, die schön begrünt ist, kühlt die in der Nacht sehr stark aus. Hochversiegelte Flächen halten die Wärme. In sehr warmen Sommernächten, wo die Menschen Abkühlung brauchen, kriegen sie die dort nicht. Dann wird die Nacht sehr unangenehm.

Gesund ist das nicht …
Hitzewellen oder der Jahrhundertsommer von 2003 haben zu vielen Hitzetoten geführt. Wenn die Temperatur fast 40 Grad erreicht und die Nächte selten unter 25 Grad sinken, ist das für alte Menschen kaum noch zu schaffen. Besonders die, die schon krank sind oder am Ende ihres Lebens, sterben dann früher. Man benutzt in der Fachwelt den etwas makabren Begriff vom „Harvest-Effekt“: Leute, die vermutlich im Laufe des Jahres sowieso gestorben wären, werden in solchen Hitzesommern „weggeerntet“ und sterben einfach durch die große Hitzebelastung.

Kann man für die Städte feststellen: zu wenig Wasser?
Schon richtig. „Dynaklim“ hat sich die Stadt-Böden angeschaut – auch da, wo sie Wiese sind. Und festgestellt, dass es total urban überprägte Böden sind. Sie enthalten Schutt und sonstwas, können das Wasser also gar nicht halten. An heißen Sommertagen haben solche trockenen Rasenflächen fast die gleichen thermischen Eigenschaften wie Asphalt. Wenn man es schafft, diese Böden zu reaktivieren, also den Schutt rausholt und normale Böden daraus macht, können sie die Feuchte länger halten und haben tatsächlich einen Kühlungseffekt.

Wäre es eine Abhilfe, wenn die Stadt morgens Wasserspreng-Fahrzeuge durch die City schicken würde?
In Südeuropa wird das so gemacht. Ich würde sagen: Das hat vielleicht eine halbe Stunde lang einen Effekt. Um dauerhaft eine Stadt abzukühlen, braucht man Reaktivierung der Böden, vernünftige Durchgrünung und muss Kaltluftschneisen ermöglichen. Also nicht alles versiegeln.

Das Absurde ist ja: Wir kriegen tendenziell heißere Sommer – und dafür unglaublich nasse Winter
Ja: heiße und trockene Sommer. Aber wenn es regnet, dann richtig. Auch das Landesumweltamt sagt, dass Starkniederschläge und Stürme mittlerweile ein wiederkehrendes Phänomen sind. Damit muss künftig häufiger gerechnet werden.

Blöderweise kann man das Zuviel-Wasser aus dem Winter kaum für den Sommer festhalten …
Wenn ich es schaffe, die Freiflächen in den Städten so aufzubereiten, dass sie ansatzweise natürlich sind, dann haben sie die Fähigkeit, Wasser zu speichern und im Frühsommer zur Verfügung zu stellen.

Es stellt sich natürlich die Finanzierungsfrage.
Ja. Die Städte würden solche Flächen viel lieber verkaufen und versiegeln, als sie als Parks zu pflegen. Aber der Wohlfahrtseffekt, den solche „Pocket-Parks“ haben, ist nicht zu unterschätzen. Im Endeffekt ist die Pflege von Grünflächen und Parks gar nicht so teuer.

Schauen wir in die Region: Haben Städte wie Köln und Wuppertal dieselben Probleme?
Die Kölner Bucht ist sehr warm und ein hochversiegelter Raum – wird also das gleiche Problem wie das Revier haben. Wuppertal liegt erst einmal höher, ist grüner und hat die Wupper drin: Die haben wieder andere Probleme, sind aber, was sommerliche Hitze angeht, im Vorteil gegenüber Köln.

Wuppertal muss weniger tun?
Die müssen alle was machen. Ich glaube, die Städte haben schon das Ziel, eine Stadtentwicklung anzustoßen, die die Lebensqualität insgesamt bereichert. Das kann man sehr gut mit Maßnahmen verbinden, die sowohl Klimaanpassung bedeuten als auch den Wohlfahrtseffekt erhöhen. Ein gutes Netzwerk schöner Parks bedeutet kurze Wege, um sich zu erholen, es hält die Luftqualität hoch, kühlt und speichert Wasser. Eine Win-Win-Situation.

INTERVIEW: TOM JOST

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