Nicht nur das Wetter meinte es am Samstag gut mit Herne. Eine sympathisch bunte Mischung tummelte sich auf den Grünflächen um die Skaterbahn und vor der Bühne und bildete das passend heterogene Äquivalent zu dem entspannten Nebeneinander von Currywurstbude und veganem Kichererbsenpüree. Kleinster gemeinsamer Nenner war frisch gezapftes Bier und Begeisterung für kommunale Kulturarbeit.
Seit 2007 organisiert sich das Kulturell-Alternative Zentrum (kurz KAZ) Herne autonom. Trotz Unterstützung der Stadt und einiger Sponsoren fordert das Open-Air daher jede Menge „do it yourself“-Eifer. Geschäftsführerin Sandra „Rio“ Grande verriet, dass die Organisation von kleineren Konzerten, Lesungen oder Partys ob mangelnder Räumlichkeiten schon ein kleines Kunststück sei, sich das mittlerweile etablierte Open-Air aber als beeindruckender Kraftakt gestaltet. Dass sich dieser mehr als lohnt bewiesen Acts wie "Selectamood", „Kampfsport“, „Susanne Blech“ oder die Hamburger von „Rantanplan“, was eine musikalische Bandbreite von Indierock über Elektro, Ska und Punk abdeckte. Gute Connections und das Verhandlungstalent der KAZ-Macher machen dies möglich. Das klare politische Statement der Veranstalter dürfte für viele der Bands aber eine zusätzliche Motivation gewesen sein. Immer wieder wurde bespielsweise das Dortmunder Verbot des Antifa-Camps am 1. September thematisiert und für eine klare Positionierung gegen Rechts appelliert.
Mit fortrückender Stunde wuchsen Publikum und Größe des Moshpits vor der Bühne an. Während „Susanne Blech“ ordentlich die Sau raus ließen, forderten „Rantanplan“ wie gewohnt mit feinstem Skapunk zum ekstatischen Tanz unter bunten Luftballons auf und entließen ihr Publikum mit „Unbekanntes Pferd“ in die Sommernacht. Den größten Spaß boten aber bereits nachmittags „Love A“ aus Trier, die sich selbst als „irgendwie Indie und für immer aber längst schon weiter als Punk“ bezeichnen und schnodderig reimten „Sonne, Mond und Sterne – alles Scheiße: Herne“.
Angesichts von Atmosphäre und Resonanz des Publikums sollte das KAZ derlei Späße gut verkraften. Die alternative Herner Jugend will nicht ins Oberhausener Druckluft, das Mülheimer AZ oder die Umgebung fahren, sondern die Heimat selbst aktiv mitgestalten. Stadt und Jugendamt unterstützen dieses Anliegen auch, allerdings geht laut Sandra Grande „immer noch ein wenig mehr“ an Rückendeckung. Pläne, Projekte und Ideen gibt es reichlich, beispielweise mittels eines Graffiti–Workshops den Hibernia-Skatepark zu verschönern. Ein eigener Ort in zentraler Lage, wo man dennoch ab und an mal den Bass aufdrehen kann, fehlt aber nach wie vor. Für den Moment scheint ein gewisser Mangel an Ressourcen der Qualität des KAZ allerdings nicht zu schaden, wie ein rund um gelungenes Open-Air 2012 beweist.
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