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links: Sascha Schneider: „Energisierende Übung“ aus der Mappe Kallisthenie, 1923 Kunstbibliothek, Staatliche Kunstsammlungen Dresden, rechts: Sascha Schneider: Gefühl der Abhängigkeit, 1920, Karl-May-Museum Radebeul
Foto (li.): Herbert Boswank, Foto (re.): Karl-May-Stiftung Radebeul

Der ideale Mann im Symbolismus

11. Dezember 2023

„Unheimlich schön“ im MKK Dortmund – Kunstwandel 12/23

Kein edler Indianer, sondern ein heroischer antiker Streiter in Bronze steht zuerst im Blick, wenn der Besucher als alter Karl May-Leser den Weg ins Museum für Kunst und Kulturgeschichte Dortmund (MKK) gefunden hat. Denn der Dresdner Künstler Sascha Schneider (1870-1927) der dort gezeigt wird, hat einst einige der Titelbilder des Jugendbuch-Schriftstellers kreiert. Allein auf den ersten zyklischen Bänden (1-6, von 1904) die einen gewissen Kara Ben Nemsi aus Deutschland durch arabische Wüsten und den damals schon wilden Balkan führen, sind in der Sascha Schneider- Ausgabe ausschließlich nackte Männerkörper zu sehen. In den Schluchten des Balkans kämpft einer knapp verhüllt wohl sogar gegen mazedonisches Schlangengewürm.

Die Studio-Ausstellung „Unheimlich schön“ in Dortmund ist breiter aufgestellt. Sie zeigt einen überaus gelungenen Querschnitt auf die fokussierte Inszenierung von Männer- und Frauenkörpern des Künstlers, die, geprägt von den Geschlechterstereotypen um 1900, auch die homoerotischen Wahrnehmungen Schneiders reflektieren. Die bekannte Kreidezeichnung „Das Gefühl der Abhängigkeit“ mit Kohle und Aquarell auf Karton (1894) macht deutlich, mit welchen Konflikten sich der Künstler damals konfrontiert sah, die erotischen May-Titelbilder wurden vom Verleger verbannt, seine sexuelle Orientierung kulminierte sogar in Erpressung und so war der Professor der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule in Weimar oft eher auf der Flucht als auf Exkursion.

Aber Sascha Schneider hat auch das Frauenbild der damaligen Zeit reflektiert, nicht nur als Blick auf Verführung, sondern auch in Sinne der aufkeimenden femininen Femme fatale in der Belle Epoche. Die Frau wurde gefährlich, selbstbestimmt und emanzipierte sich immer öfter, in Schneiders Akten war sie aber dennoch eher androgyn abgebildet. Einige Skulpturen und Gemälde des Künstlers werden in darstellerische Beziehung gesetzt, machen den kostenlosen (!) Rundgang durch die zwei Räume abwechslungsreich. Am Ende ist der Besucher in der zeitgenössischen Kunstwelt angekommen, Fotografien aus der Serie „Men are made to reproduce“ von Milena Schilling und Fiona Mentzel greifen das optische Œuvre von Schneider auf und reflektieren Geschlechterzugehörigkeit und Geschlechterstereotype auch als große Themen von heute.

Unheimlich schön. Geschlechterstereotype um 1900 bei Sascha Schneider | bis 7.1. | MKK Dortmund (Studio) | 0231 502 55 22

Peter Ortmann

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