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Gob Squad: „Western Society“
Foto: David Baltzer

Utopien ohne Gesellschaft

28. Mai 2015

Das Impulse Festival 2015 in Mülheim – Prolog 06/15

Theater als Laboratorium, Theater als Hackerzentrale. Viele Wege führen vielleicht in eine eher nebulöse theatralische Zukunft. Aber die Zukunft der Impulse jedenfalls ist gesichert. Ab sofort findet das Festival wieder jährlich statt. Aber erst einmal ist im Juni das „Impulse Theater Festival 2015“ der Ort für herausragendes Freies Theater aus dem deutschsprachigen Raum, zentraler Spielort ist Mülheim an der Ruhr. Unter dem Motto „Gesellschaftsspiele“ zeigen sich Künstler ohne Bühne, wollen in drei Städten ein politisches und soziales Labor der Gegenwärtigkeit kreieren, in dem die performativen Künste ihr provokantes Potential entfalten können. Der Künstlerische Leiter Florian Malzacher: „Impulse 2015 untersucht, wie sich Gesellschaft selbst spielt, für wen sie spielt und: wen sie mitspielen lässt“.

Die Eröffnungsproduktion des Festivals ist folgerichtig „Western Society“ von Gob Squads. Sie zeigen eine Gesellschaft, die es so eigentlich schon nicht mehr gibt, nicht mehr geben darf. Andere fragen sich lieber, warum europäische Jugendliche als Krieger in den Djihad ziehen, in „Sounds Like War: Kriegserklärung“, suchen andcompany&Co. in diesem Kontext danach, was Sprache überhaupt noch kann und wie man Kriege beendet, die nie erklärt wurden. Patin für diese Überlegungen in einem agonistischen Raum ist die Politikwissenschaftlerin Chantal Mouffe, die bereits die Vorbereitungen als eine Art Festivalphilosophin begleitete. Was dabei an Utopien herauskommt, wird man abwarten müssen, vieles spielt sich digital im Netz ab, einer Realität, die eigentlich nur virtuell und mit Strom existiert. Dennoch verwandeln Chris Kondek & Christiane Kühl, unterstützt von IT-Profis, in „Anonymous P.“ das Festival in eine interaktive Hackerzentrale. Ganz anders Rabih Mroué in „Riding on a Cloud“. Er lässt seinen Bruder auftreten, für den Repräsentation nach einer schweren Verwundung im libanesischen Bürgerkrieg tatsächlich keine Bedeutung mehr hatte: Er verlor die Fähigkeit, die Realität in Worten und auf Bildern wiederzuerkennen.

Dank einer Bundesförderung sind in diesem Jahr in der Studiobühne Köln, im FFT Düsseldorf und im Ringlokschuppen Mülheim/Ruhr auch drei Projekte nicht-deutschsprachiger Künstler zu sehen. Sie begreifen die Theater als Ort des gesellschaftlichen Ausprobierens in lokalen Kontexten. Die niederländische Theatermacherin Lotte van den Berg untersucht mit „Building Conversation“ in Düsseldorf Formen und Bedingungen des Gesprächs; „Our Position Vanishes“ des britischen Künstlers Phil Collins erprobt mit Studierenden aus Köln und Ramallah kollektive Erfahrungsräume für Zuschauer, Performer, Musiker und Theoretiker zwischen den Städten. Aktuell und immer noch nicht abschließend geklärt ist die Flüchtlingsfrage. Im Ringlokschuppen existiert während der Impulse 2015 die vom kurdischen Künstler Ahmet Öğüt initiierte Silent University Ruhr. Das isteine autonome Plattform für den Wissensaustausch zwischen Geflüchteten, Asylsuchenden, Migranten und Nicht-Migranten. Für die Menschen führen die Wege immer in einenebulöse Zukunft, und die liegt häufig nicht im Theater.

Impulse Theater Festival 2015 | 11.-20.6. | Mülheim, Düsseldorf, Köln | www.festivalimpulse.de

PETER ORTMANN

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