Es wird immer schwieriger, durch die Online-Auftritte der Zeitungen zu scrollen. Felder erscheinen, sobald Artikel geöffnet werden: Möchten Sie bezahlen? Jetzt? Später? Darf es auch ein Abo sein? Doch wer gibt wirklich Geld aus für Artikel, die im Internet stehen? Der Moderator des Abends, Max Florian Kühlem, fragte in der Rotunde einfach mal das Publikum. Immerhin: Fast ein Drittel hob die Hand, um zu signalisieren, für das geschriebene Wort zu bezahlen.
Um dieses ging es auch bei der Podiumsdiskussion im Rahmen des Festivals „Wort, Wort, Wort – Die Zukunft der Wortkunst“. Auf den Sofas in der Rotunde saßen Tom Thelen, Bochumer Kulturjournalist, Thomas Nückel, NRW-Landestagsabgeordneter der FDP und zuvor u.a. für die WAZ und den WDR tätig, Oliver Daniel Sopalla, Geschäftsführer der Agentur „go-between“ und Esther Slevogt, Redakteurin des Online-Theaterfeuilletons „Nachtkritik.de“.
Darüber dass dem gedruckten Nachrichten-Journalismus das Ende bevor steht (was zuletzt auch die taz-Herausgeberschaft bereits offen für die nächsten zehn bis zwölf Jahre erwartet) waren sich schnell alle einig. Thomas Nückel blickte auf seine Tätigkeit bei den verschiedenen Lokalredaktionen zurück: „1981 ging es bereits los, dass immer mehr Zeitungen verschwanden“, erinnert sich der spätere Lokalzeit-Moderator. „Übrig blieb nur noch der Monopol-Riese WAZ.“
Um dem ein Gegengewicht in der Presselandschaft entgegenzusetzen, beteiligte sich der FDP-Politiker bei der Gründung der Online-Plattform „Ruhrbarone“. Seit 2007 (von 2010 bis 2013 auch in gedruckter Form) berichtete der Blog über Politik und Kultur aus der Region. Und dies durchaus kritischer als die Redaktionen der Funke-Mediengruppe. Der Haken: Die „Ruhrbarone“-RedakteurInnen sind zeitgleich auch für andere Medien tätig, um über die Runden zu kommen.
Ein weiterer Pionier des Online-Journalismus ist das Theaterfeuilleton „Nachtkritik.de“, das seit über zehn Jahren überregional Rezensionen über Bühnenpremieren veröffentlicht – umsonst und schneller als alle anderen Feuilletons im deutschsprachigen Raum. Doch auch dort freut sich die Redaktion natürlich nicht über große Gewinne, wie Esther Slevogt in Bochum einen Einblick gab: „Wir sind froh, wenn wir unsere Kosten reinkriegen.“
Das laufe bei der nachtkritik.de über Anzeigen, wie Slevogt versicherte: „Wir wollen unsere Medien nicht auf ausbeuterischen Verhältnissen aufbauen.“ Und die Anzeigenschaltung sieht die Theaterredakteurin ebenso als als wichtiges Element für die historische Herausbildung einer publizistischen Öffentlichkeit: „Wir wollten am Anzeigengeschäft damals schon profitieren – auch wenn die Journalisten das nicht hören wollen.“
In Zeiten von Twitter und anderen Sozialen Medien erlebt die Presse erneut einen Umbruch: „Es wird eine Nische bleiben, so wie etwa heute Vinyl“, meinte etwa Nückel über die druckfrische Zeitung. Und fügte über die Alternative Internet hinzu: „Online wird nicht umsonst bleiben.“ Doch die Verlagshäuser haben noch keine Lösung gefunden. Es wird getestet: Mit Extra- oder Premium-Angeboten, mit verschiedenen Online-Abos oder mit gemeinnützigen Formaten. „Print ist am Ende. Aber das Internet hat noch kein funktionierendes Modell“, sagte Tom Thelen. Der bisherige Journalismus befindet sich an einer wichtigen Schwelle. Darüber waren an diesem Abend alle einig – was genau die Zukunft bringt, weiß hingegen niemand ganz genau.
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