Meisterwerke aller wichtigen Kunstrichtungen finden sich nicht nur in Museen, sondern verstärkt in den Sammlungen von Privatleuten und Unternehmen. Dieser Trend wird sich angesichts klammer öffentlicher Kassen fortsetzen, sehr zum Leidwesen der echten Kunstliebhaber unter den Bürgern. Bis Februar sind zwei Etagen des Bochumer Museumsbau nun angefüllt mit fast 90 Kunstmarkt-Beutestücken, die sonst nur in Chefetagen die sauberen Wände hinter den eleganten Büromöbeln verzieren. Sie dienen im Rücken der Mächtigen bekanntermaßen eher der hohen Kunst der Selbstdarstellung, nicht dem zusätzlichen Broterwerb herrlich florierender Geschäftsideen. Dennoch, der interessierte Mensch hat zurzeit die Gelegenheit, Kunstwerke zu sehen, die er sonst nicht schauen kann. Dabei ist kaum eine Ordnung oder Rangliste innerhalb der Präsentation „Out of the office“ auszumachen. So unterschiedlich die einzelnen Unternehmen auch sind, so verschiedenartig sind auch die Schwerpunkte des Sammelns, wenn es denn überhaupt Sammlungen werden sollen. Kunstbesitz von Banken, Stromversorgern und Versicherungen sind am häufigsten vertreten. Hier weiß man wenigstens, wozu Preiserhöhungen letztendlich gut sind. Dazu kommen noch ein paar Architekten, Immobilienmakler und Steuerberater.
Was gibt es also im Einzelnen zu sehen? Die zeitliche Bandbreite reicht vom Standbild der Heiligen Barbara aus dem 19. Jahrhundert bis zur Damien Hirst-Installation „Apothecary Dream“ und seinem „1 inch spot“-Bild von 2008. Die inhaltliche Bandbreite reicht von unterschiedlichen Bergmann-Sujets bis zu deutschem Informel und zeitgenössischen Fotoarbeiten. Alles ist großzügig im Museum verteilt, Besucher haben viel Raum, sich die einzelnen Werke anzuschauen, es überwiegen die Malereien und wie immer die Männer: Nur zehn Prozent der angekauften Arbeiten stammen von Künstlerinnen. Highlights sind sicher neben den Arbeiten von Damien Hirst, Markus Lüpertz und einem wunderbaren kleinen Schwitters die großformatigen Fotos von Andreas Gursky und Candida Höfer, aber auch ein Enfant Terrible wie Martin Kippenberger fehlt nicht in den Sammlungen der 29 Unternehmen, und natürlich sind auch die „Ruhrgebiets-Standards“ wie Emil Schumacher, Kuno Gonschior und Bernd und Hilla Becher zu sehen. Das interessanteste Video der Ausstellung liefert dagegen der Bochumer Medienkünstler Thomas Köner. „Pendler/Pilger/Piloten“ (2008) erhielt im vergangenen Jahr einen Preis als bestes deutsches Musikvideo beim 55. Internationalen Kurzfilmfestival in Oberhausen. Im Bochumer Museum läuft es in einem separaten Raum.
Hochkarätig ist die Ausstellung mit ein paar wirklich sehr selten zu sehenden Exponaten, allerdings nicht auf allerhöchstem Niveau. In den Chefetagen mancher Großkonzerne (auch in Essen) lauern noch ganz andere Kaliber wie Jackson Pollock, Gerhard Richter oder Bill Viola. Selbst First Class-Arbeiten von Jeff Koons oder Andy Warhol verstecken sich dort hinter Panzerglas. Aber die gehen als Leihgaben dann doch lieber in große internationale Renommee-Museen, wo das Besitzschildchen neben der Arbeit ungleich mehr Werbewirksamkeit als in der sterbenden Kulturhauptstadt hat.
„Out of the office” I bis 6.2. I Museum Bochum I 0234 910 42 30
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