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Foto: Irma Flesch

Die Rache der Zwerge

26. Mai 2011

Die „Haldensaga“ mit 12.000 Menschen - Magenbitter 06/11

And in the left hand corner

perhaps a small white dwarf,

Ready to explode

I really can't recall.” (A-ha)

Und es begab sich zu der Zeit, als noch die Zwerge im Innern der Erde lebten. Sie waren ein fröhliches Völkchen gewesen, doch über ihnen begannen die Menschen irgendwann mit riesigen Eisenwerkzeugen ihren Lebensraum zu zerstören. Auch im Ruhrgebiet gab es noch mehrere Familien, die sich darum mühten, die Menschen mit reichen Schätzen zu belohnen, anderseits Raffgier zu bestrafen. Das führte dann dazu, dass der Lohn der Zwerge beim Übergang von der unterirdischen in die diesseitige Welt zu Staub wurde. Irgendwann haben die Menschen die Gesetze der Zwerge außer Kraft gesetzt. Das war eigentlich ganz einfach. Man holte soviel schwarzes Gold aus den Tiefen, dass die Zwerge nicht mehr nachkamen, dieses zu Staub zu verwandeln. Die letzten Schlachten wurden geschlagen, ihre Auswirkungen sind im Revier überall zu sehen, riesige Halden, Überbleibsel der letzen Transformationen der Zwerge. Ihre Kultur, mit Stab und Laterne die natürlichen Stollen zu durchwandern und dabei gar grauselige Lieder zu singen, scheint zerstört. Über allen Ausgängen in die Oberwelt türmen sich nun die staubigen Berge. Wie zum Hohn tragen sie Markierungen der Sieger, stählerne Stäbe oder angehäufte Steinhügel, zu denen die Menschen pilgern, um dort Müll zu vernichten oder sinnlose Rituale zu feiern. Ein Jahr lang stampften sie im ausgerufenen Kulturjahr die Hügel fester und fester, denn sollte es tatsächlich noch Zwerge da unten geben, nie dürften diese die Oberfläche wieder erreichen, um die allgemeine Raffgier zu bestrafen.

Auch in diesem Jahr wird das nicht anders sein. Im Juli, dem Monat, der nach dem großen Cäsar benannt ist, ist ein neues Massen-Kulturereignis geplant. Gleich acht Halden der Region sollen unter dem Motto "Haldensaga" von 12.000 Menschen gleichzeitig eine ganze Nacht lang frisch gestampft werden. Den Zwergenlaternen zum Hohn werden Lichtkanonen den Himmel erleuchten, Essensreste die Berge düngen und alle wollen dabei dem schnöden Mammon huldigen. Identität für die Region soll das stiften. Fast fünf Millionen Euro haben Land und Kommunen für die Fortsetzung der Kulturvernichtung zugesagt. Kein Geld für Kultur, sondern Wirtschaftförderung und Tourismus. Doch Kultur ist nichts für Stadtmarketing und kein „Ersatz für verfehlte Sozialpolitik“. Das Zitat stammt diesmal nicht von mir, sondern aus der Brandrede von Lars Henrik Gass bei der Eröffnung der 57. Internationalen Kurzfilmtage in Oberhausen, mit der er seinem Bürgermeister und unserer Kulturministerin vehement widersprach. Bewirken wird das nichts.

Doch eines Nachts in der Nähe des Grullbadschachts bei Recklinghausen, der mitten in dunkler Zeit geteuft und betrieben wurde, gehen merkwürdige Dinge vor. Gelbe Punkte, Irrlichtern gleich, wandern langsam durch die Hohenhorster Heide. Ein Erdhügel leuchtet schauerlich, hier sind die Zwerge nach Jahrhunderten wieder durchgebrochen. Es ist das Kommando „Modsognir“, das sich auf den Weg zur Metropole Essen macht, um wie in alten Zeiten die Raffgier zu bestrafen. Gleichzeitig plant die Gruppe rituelle Aktionen im Juli auf den Halden. Sie haben dafür einen merkwürdigen Knochen aus dem hohen Norden dabei.

Peter Ortmann

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