Das waren noch Zeiten, als Motorradgangs auf Mofas das Ruhrgebiet unsicher machten, als Spielplätze noch verwaiste Zechenschächte waren und hinter jedem Haus eine Kriegshalde lockte. Dann kam die Zeit voller Blumen, Lambrusco und mit duftenden Zigaretten auf öffentlichen Wiesen. Heute wirbt das Revier lieber mit Ruhr Games oder Gamescom, die Jugend hockt zu Hause oder vor dem Handy.
Eine Ausstellung des LWL-Industriemuseums Zeche Hannover in Bochum widmet sich erstmals umfassend dem Phänomen der jugendlichen Subkulturen im Ruhrgebiet. Unter dem Titel „Einfach anders!“ wird das Phänomen seit dem frühen 20. Jahrhundert – von der Wandervogelbewegung über den Edelweißpiraten, der Swingjugend, den Halbstarken und Punks bis hin zu aktuellen Ausformungen wie Graffiti-Sprayern und Steampunks beleuchtet.
Die erste Jugendbewegung meldete sich in Deutschland um 1900 mit einem Protest gegen eingefahrene Wege und einer Besinnung auf die Natur zu Wort. Die literarische Moderne und die Wandervogelbewegung machten dies sichtbar. Auch im Ruhrgebiet gründeten sich kurz nach der Jahrhundertwende die ersten Wandervogelvereine und Jugendbünde.
Dann kam die Beat-Generation, mit Gruppen wie den Sunbeams aus Oberhausen oder den Chains in Essen. Dann kamen die Internationalen Essener Songtage 1968. Mit Guru Guru und Amon Düül und Mothers of Invention. Jawoll.
Ende der 1970er entpolarisierte sich alles. Da waren die Althippies, die neuen Punks, die Hausbesetzer, ein paar Jahre später machten die ersten echten Ökos die Kneipen unsicher. Es kam Graffiti, Techno, Loveparade. All das will die Ausstellung in Bochum dokumentieren, 14 Bewegungen stellt sie vor und nach, mit Texttafeln, Videos und Plattencovern in Vitrinen, mit Devotionalien der sogenannten „neuen Subkultur“ der Steampunks, die moderne Utensilien mit viktorianischem Lebensgefühl kombinieren.QuasiRammstein light, hat das irgendwie auch was mit der japanischen Cosplay-Szene zu tun, nur eben mit Kohle und Eisen. Die leider ziemlich unpolitische Ausstellung ist auf jeden Fall einen Besuch wert, eine kulturelle Reise in die eigene Vergangenheit wird es allemal – oder eben nur Staunen.
„Einfach anders!“ | bis 7.9. | Zeche Hannover, Bochum | 0234 610 08 74
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