Nach der ersten Verblüffung, dass mit Georg Hornemann ein Goldschmied zu einer Einzelausstellung in das für sein Skulpturenprogramm etablierte LehmbruckMuseum eingeladen wurde, stellt sich Neugierde ein. Vielleicht ergibt sich aus dem medialen Spagat, einerseits auf Funktion hin, mit bestimmten Materialien und mitunter vorgegebenen Sujets zu arbeiten, und andererseits eigenschöpferisch mit Einzelstücken und in einer bestimmten Handschrift zu agieren, neues Potential. Vielleicht halten gerade die kleinen Dimensionen überraschende plastische Lösungen bereit, und schließlich: Wir bewegen uns a priori auf dem Feld der Skulptur. Vor einigen Jahren hat das Lehmbruck Museum sich dem Thema von der anderen Seite her genähert und Schmuck von Künstlern ausgestellt. Nun also ein Schmuckgestalter, der Kunst macht.
Als Goldschmied ist Georg Hornemann hoch angesehen. Geboren 1940 in Dessau, hat er seit der zweiten Hälfte der 1960er Jahre internationale Auszeichnungen erhalten. Dabei zielen seine Werke schon frühzeitig auf luxuriöse Einzigartigkeit und Autonomie. Trotzdem, kann das gut gehen: ein Schmuckgestalter, der ganz bewusst Kunst schaffen will? Vielleicht ist diese bewusste Behauptung schon die Klippe. Besteht da nicht der Hang zum Surrealen, durch die edlen Materialien in Sublimierung hin zu Kitsch? Und wäre nicht zu befürchten, dass die Symbolik ausgereizt ist? Und wie sollte eine solche Präsentation mitten im Museum aussehen? Das ist in Duisburg außerordentlich gut und aufwändig gelöst. Inmitten des Ausstellungsraumes wurde eine eigene Architektur errichtet mit einem verdunkelten Parcours, sehr edel bis in die Details, schon was die Vitrinen und die Beleuchtung betrifft. Die Objekte sind hier wie Preziosen behandelt, und das sind sie ja auch, bevorzugt mit Gold, Silber, Platin und mit Edelsteinen besetzt. Um deutlich angewandte Stücke handelt es sich indes nur in der einen Sequenz des Ablaufes. Dort sind Ringe, die mit Objekten versehen sind, ausgestellt. Die anderen Werkgruppen bewegen sich zur freien Kombinatorik hin, treten manchmal als Momento mori auf, und teils sogar vom Gegenständlichen weg in Richtung auf Abstraktion – und dort ist Hornemann dann am eindrucksvollsten. Er schafft amorphe Gestalten, die sich zwischen klumpiger Präsenz eines wertvollen Materials und Darstellungen eines Golems verhalten. Auch wenn sich vieles andere in der Ausstellung an der Grenze zu einer forcierten Mystik bewegt, für diese Geschöpfe hat sich doch der Aufwand gelohnt: Von hier aus macht die Ausstellung Sinn und überzeugt – handwerklich ist Georg Hornemann ohnehin Meister aller Klassen.
„Georg Hornemann: Objet d'Art“ | bis 11. März im LehmbruckMuseum in Duisburg | www.lehmbruckmuseum.de
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Jede Butze ein Kunstwerk
„City Atelier“ in Duisburg
Plötzlich in Bewegung
Ausgezeichnet mit dem Wilhelm-Lehmbruck-Preis: Rebecca Horn in Duisburg – kunst & gut 01/18
Maß aller Dinge
Jana Sterbak im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 05/17
Text unter den Füßen
Danica Dakić in Duisburg – Ruhrkunst 03/17
Haut und Körper
„An der Oberfläche_On Surface“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 09/16
Im Kreis
Jeppe Hein in Duisburg – Ruhrkunst 08/16
Andere Identitäten
Lynn Hershman Leeson in Duisburg – Ruhrkunst 05/16
Alle Sinne
Dialog mit der Kunst in Duisburg – RuhrKunst 02/16
Eine Figur aus vielen Teilen
Antony Gormley im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 01/15
Krieg in drei Dimensionen
„Zeichen gegen den Krieg“ in Duisburg – RuhrKunst 10/14
Auf Augenhöhe
Karin Sander auch in Duisburg – Ruhrkunst 05/13
Im Einklang mit der Natur
Das LehmbruckMuseum in Duisburg stellt den „Brücke“-Maler Otto Mueller vor – Ruhrkunst 12/12
Nudel, Mops und Knollennase
Loriot in der Ludwiggalerie Schloss Oberhausen – Ruhrkunst 03/25
Hannibal, ungeschönt
Latefa Wiersch im Dortmunder Kunstverein – Ruhrkunst 03/25
Gewebt, geknüpft, umwickelt
Sheila Hicks in Bottrop – Ruhrkunst 02/25
Wovon Bunker träumen
„Radical Innovations“ in der Kunsthalle Recklinghausen – Ruhrkunst 02/25
Auf Augenhöhe
Deffarge & Troeller im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 01/25
Runter von der Straße
Graffiti-Künstler im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 01/25
Die Dinge ohne uns
Alona Rodeh im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 12/24
Strich für Strich
„Zeichnung: Idee – Geste – Raum“ in Bochum – Ruhrkunst 12/24
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24