Kinokalender
Mo Di Mi Do Fr Sa So
17 18 19 20 21 22 23
24 25 26 27 28 29 30

12.595 Beiträge zu
3.821 Filmen im Forum

Lebensnah und echt

28. Juli 2011

Carl E. Wolff im Duisburger Lehmbruck Museum - RuhrKunst 08/11

Eine Ausstellung aus lauter Rätseln. Im Duisburger Lehmbruck Museum zeigt der Essener Bildhauer Carl Emanuel Wolff drei Figurengruppen, die, durch die Fensterscheibe auch von draußen zu sehen, unverbunden aufeinander folgen und jeweils für sich Handlungen suggerieren. Aber der jeweilige „Sinn“ bleibt offen. Die Akteure sind Tiere und Menschen, vor allem letztere in formaler Verwandlung. Gemeinsam ist allen Figuren, dass sie aus sehr unterschiedlichen, teils außergewöhnlichen Materialien gestaltet sind, die so gar nicht in die Geschichte der Bildhauerei passen. Indes sind sie, meist in Lebensgröße, exakt gebaut im Umgang mit Proportion und Raumgefühl, was nun auch in der Präsentation in Duisburg zum Ausdruck kommt. Zugleich zeigt Wolff sein Gespür für Inszenierung im forcierten Abgleiten ins Absurde. Er setzt die Wesen zu- und gegeneinander, ein Berg aus Fischen, Wildschweine, Soldaten, eine Fahrzeugachse (auf der Einladungskarte ist von der „Achse des Bösen“ die Rede – das ist freilich blöd), und das kulminiert dann in der dritten Gruppe, die einen echten Tisch und einen echten Stuhl, ein echtes Geweih und ein echtes Skateboard und Teile eines echten Teddybären enthält.

Auf unbestimmte Weise fühlt man sich an Märchen erinnert, freilich verorten die Accessoires diese Szenen wieder in der Gegenwart: etwa, dass die sieben rötlichen Männer der einen Gruppe aus Zündlunten bestehen und sichtlich Soldaten im Kampfanzug (und ganz und gar keine Zwerge) sind oder das männlich anmutende Wesen der anderen Gruppe, vor dem Mobiliar eine Zigarre rauchend. Ist Carl Emanuel Wolff ein gesellschaftskritischer Künstler? Ist er nicht viel zu plakativ und geht er nicht, um seine formalen Qualitäten wissend, schlichtweg auf die Nerven? Zumindest erweitert er sorgfältig und mit aufwändiger Hingabe das Potential figurativer Skulptur für das 21. Jahrhundert. Es war und ist schon ein Kreuz mit den Plastiken des 1957 in Essen geborenen und an der Hochschule für Bildende Künste in Dresden als Professor lehrenden Carl Emanuel Wolff. Unbedingt anschauen!

„Carl Emanuel Wolff – Die Achse des Bösen“ I Wilhelm Lehmbruck Museum Duisburg I Bis 2.10. I www.lehmbruckmuseum.de

Weitere Texte zum Thema:
Lehrer und Schüler - Rezension der Ausstellung von Markus Lüpertz und Junior Toscanelli
Das Programm der Bildhauer - Rezension von "Max Klinger – Von der herben Zartheit schöner Formen"

THOMAS HIRSCH

Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.

Neue Kinofilme

Schneewittchen

Lesen Sie dazu auch:

Jede Butze ein Kunstwerk
„City Atelier“ in Duisburg

Plötzlich in Bewegung
Ausgezeichnet mit dem Wilhelm-Lehmbruck-Preis: Rebecca Horn in Duisburg – kunst & gut 01/18

Maß aller Dinge
Jana Sterbak im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 05/17

Text unter den Füßen
Danica Dakić in Duisburg – Ruhrkunst 03/17

Haut und Körper
„An der Oberfläche_On Surface“ im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 09/16

Im Kreis
Jeppe Hein in Duisburg – Ruhrkunst 08/16

Andere Identitäten
Lynn Hershman Leeson in Duisburg – Ruhrkunst 05/16

Alle Sinne
Dialog mit der Kunst in Duisburg – RuhrKunst 02/16

Eine Figur aus vielen Teilen
Antony Gormley im Lehmbruck Museum in Duisburg – kunst & gut 01/15

Krieg in drei Dimensionen
„Zeichen gegen den Krieg“ in Duisburg – RuhrKunst 10/14

Auf Augenhöhe
Karin Sander auch in Duisburg – Ruhrkunst 05/13

Im Einklang mit der Natur
Das LehmbruckMuseum in Duisburg stellt den „Brücke“-Maler Otto Mueller vor – Ruhrkunst 12/12

RuhrKunst.

HINWEIS