Und wieder einmal drängen die Menschen in das Globe Theatre. Fressen, saufen, Kommentare brüllen, das war Anfang des 17. Jahrhunderts eigentlich Usus bei Shakespeares Stücken in London. Viel Kostüm, wenig Bühnenbild, im Geld schwammen die Theatermacher auch damals nicht. Die Stücke des kiffenden Hausdichters haben die Jahrhunderte überdauert, in Neuss baute man sein hölzernes Theater-Kleinod sogar nach, es beherbergt dort auf der Rennbahn seit 1991 jedes Jahr das renommierte Shakespeare-Festival. In diesem ersten Nach-Corona-Jahr kommen wieder 19 Kompanien aus Deutschland und der Welt (Großbritannien, dem Kosovo, Libanon, aus Österreich, Tschechien und der Türkei) in die runde Theaterwelt. Der Schwerpunkt liegt auf dem „Drama aller Dramen“, das der dänische Königssohn anzettelt, als er den Mord an seinem Vater rächen will und dabei fast alles um ihn herum ins Verderben stürzt. Dabei sind Ursache nicht nur Wahn und Wahnsinn, sondern auch der umhergehende Geist des alten Königs.
In Neuss werden die Hamlet Inszenierungen von Caroline Stolz, Intendantin am Rheinischen Landestheaters Neuss, aber auch vom tschechischen Theatre Radost zu sehen sein. Die erzählen die Rache-Story als Theatermusical mit wildem Puppenspiel. Ganz anders ist da das Monodrama „The Dreams of Hamlet“ aus dem Kosovo. Die Inszenierung von Nina Mazurs Text beleuchtet Hamlets Fragen quasi aus dem Hades heraus. Was wäre wohl aus ihm geworden, wenn er nicht auf die Rachegelüste gehört hätte?
Aber natürlich gibt es auch die poetische Seite des Shakespeare-Universums im Globe zu sehen. Stürzen wir uns gemeinsam mit Puck und einem prall gefüllten Picknickkorb einfach mal wieder in einen rauschenden Sommernachtstraum. Solitär wäre da die Uraufführung der Video-, Tanz- und Musikperformance „Everybody wants to be Puck“ der Choreographin und Performerin Teresa Zschernig und der Komponistin Aylin Leclaire. Das Auftragswerk diskutiert Diversität, Genderzugehörigkeit und Sexualität, aber hoffentlich auch die Macht der nicht gerade drogenfreien Fantasie. Den ganzen „Sommernachtstraum“ liefert das Schauspiel Wuppertal mit einer bunten Inszenierung der Festivalintendantin Maja Delinić.
Shakespeare Festival | 13. 5. bis 10.6. | Globe Theatre Neuss | 02131 52 69 99 99
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Ganz ohne Hamlet
29. Shakespeare Festival in Neuss – das Besondere 05/19
Ein Geist namens Diana
Das 28. Shakespeare Festival in Neuss – das Besondere 05/18
Hamlet, wer war nochmal Hamlet?
Das 26. Shakespeare Festival in Neuss – das Besondere 05/16
Die ganze Welt ist Festival
Das Shakespeare Festival in Neuss mit internationalen Gästen – Theater 06/15
Die ganze Welt ist Globe
Internationalität ist das Motto des Shakespeare Festivals - Theater in NRW 07/08
Gegen den ewigen Zweifel
Die Ruhrfestspiele 2025 in Recklinghausen – Prolog 04/25
„Kunst hat keine Farbe, Kunst ist Kunst“
Isabelle und Fabrice Tenembot vom Verein Afrikultur über das 4. Mboa-Festival in Dortmund – Interview 04/25
„Der Text hat viel mit heute zu tun“
Regisseurin Felicitas Brucker über „Trommeln in der Nacht“ am Bochumer Schauspielhaus – Premiere 04/25
Das gefährliche Leben von Kindern
„Blindekuh mit dem Tod“ am Jungen Schauspiel in Düsseldorf – Prolog 03/25
Baum der Heilung
„Umuko“ auf PACT Zollverein in Essen – Tanz an der Ruhr 03/25
Gewinnen um jeden Preis?
„Alle spielen“ im Studio des Dortmunder Theaters – Prolog 03/25
Kabarett, Cochem-Style
„Zu viele Emotionen“ von Anna Piechotta in Bottrop – Bühne 03/25
Tanzen bis zum Umfallen
46. Duisburger Akzente – Festival 03/25
„Die Kraft des Buchs besteht in der Aufarbeitung“
Bettina Engelhardt inszeniert Bettina Flitners Roman „Meine Schwester“ am Essener Grillo-Theater – Premiere 03/25
„Ich liebe die Deutungsoffenheit“
Regisseur Roland Schwab über „Parsifal“ am Essener Aalto-Theater – Interview 03/25
Was wirklich in den Sternen steht
„Liv Strömquists Astrologie“ am Düsseldorfer Schauspielhaus – Prolog 02/25
Tanzende Seelen
„Dips“ am Opernhaus Dortmund – Tanz an der Ruhr 02/25
„Eine Frau, die förmlich im Leid implodiert“
Regisseurin Elisabeth Stöppler über „Lady Macbeth von Mzensk“ in Düsseldorf – Interview 02/25
„Die perfekte Festung ist das perfekte Gefängnis“
Ulrich Greb inszeniert Franz Kafkas „Der Bau“ am Schlosstheater Moers – Premiere 02/25
Nichts für Konfirmand:innen?
„Fabian oder Der Gang vor die Hunde“ in Bochum – Prolog 02/25
Zwischen Realität und Irrsinn
„Kein Plan (Kafkas Handy)“ am Mülheimer Theater an der Ruhr – Prolog 01/25
Wenn Hören zur Qual wird
„The Listeners“ in Essen – Prolog 01/25
Licht in der Finsternis
„Brems:::Kraft“ in Köln und Mülheim a.d. Ruhr – Theater Ruhr 01/25
Wenn KI choreografiert
„Human in the loop“ am Düsseldorfer Tanzhaus NRW – Tanz an der Ruhr 01/25
„Ich war begeistert von ihren Klangwelten“
Regisseurin Anna-Sophie Mahler über Missy Mazzolis „The Listeners“ in Essen – Premiere 01/25