Das Sujet ist der Finger, der Zeichen gibt, etwas trägt – und den man zum Gitarrespielen braucht. Die Installation „Lonely Fingers“, die Diango Hernández im Skulpturenmuseum Mal zeigt, wirkt selbstverständlich und fundamental. Da ist am Eingang der Bronzeabguss eines Fingers unter einer Glasvitrine; dann sind an der einen Wand fünf Glasscheiben, gehalten von einzelnen Fingerabgüssen, als Regal übereinandergesetzt. Gegenüber befinden sich, in unterschiedlicher Position verteilt über die Wand, sechs Paare zerbrochener Ziegelsteine, zwischen denen vor einer kreisrunden Öffnung eine Stahlsaite gespannt ist: Diese kann man auch von der Rückseite her, im Verborgenen mit einem Finger zupfen, der Ton ist elektronisch verstärkt. Der Sound ist laut, aber jede Saite für sich isoliert.
Diango Hernández, der 1970 auf Kuba geboren wurde, dort studiert hat und schon mit einer Künstlergruppe bekannt war, ehe er nach Italien und dann Düsseldorf zog, arbeitet mit solchen atmosphärischen Aspekten, mit assoziativen Umkreisungen eines Themenkomplexes, der auch autobiographisch motiviert ist. Häufig bezieht er sich noch auf die revolutionären und gesellschaftlichen Umwälzungen in seiner Heimat; formal verwandelt er vorgefundene Relikte des Alltags in Kunst, welche oft an Mobiliar und Gebrauchsgegenstände denken lassen. Dies kommt in Marl besonders in seiner Installation „You are here“ zum Ausdruck; hier sind alltägliche Dinge kombiniert, die eine Patina bewahren und wie zur Benutzung freigegeben sind. Alles tritt fragil auf, wirkt spontan und ist doch mit sicherer Hand kombiniert – mit solchen Arbeiten und mit seinen Zeichnungsserien gehört Diango Hernández seit etlichen Jahren zu den international wichtigen Künstlern seiner Generation, der etwa von Galerien wie Alexander & Bonin und Capitain Petzel vertreten wird.
Georg Elben hat vor einem halben Jahr die Leitung des Skulpturenmuseums Glaskasten übernommen, das Uwe Rüth gegründet hat. Natürlich stellt sich die Frage nach dem Blick einer jüngeren Direktion – die Ausstellung von Diango Hernández ist jedenfalls erstklassig.
„Diango Hernández – Lonely Fingers“ I bis 12.2. I Skulpturenmuseum Glaskasten Marl I www.skulpturenmuseum-glaskasten-marl.de
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