Mit künstlerischen Seitenwegen war bei Friedrich Gräsel zu rechnen. Bekannt ist der 1927 geborene und in Bochum ansässige Gräsel seit den 1960er Jahren mit seinen Röhrenplastiken aus Beton und aus Metall, die in Variation und teils farbig im öffentlichen Raum platziert sind. Damit hat sich Friedrich Gräsel als einer der Hauptvertreter des Hard Edge in Deutschland etabliert. Zum einen lenkte er in der damaligen Zeit und vom Ruhrgebiet aus den Blick auf die zunehmende Industrialisierung; zum anderen schloss er an die internationalen Tendenzen der Geometrisierung in der Kunst an. Aber schon bei diesen Arbeiten interessierte sich Gräsel für weit mehr als das reine Deklinieren einer Formsprache. Vielmehr machte er mit überraschenden, verträumt-verspielten Skizzierungen auf den Röhren und den Darstellungen selbst noch darauf aufmerksam, dass es ihm wesentlich doch um den Menschen und eine Verschönerung seiner Umwelt geht. Und so hat er schließlich Zusammenhänge zwischen der Röhrenform und den menschlichen Organen ausgemacht, indem er eine Werkgruppe mit Zeichnungen und Plastiken vom Herzen angefertigt hat.
Zumal wenn man das weiß, dann überraschen die Bilder und Skulpturen, die, 1984-2001 entstanden, nun in einer Premiere im Schlieker-Haus ausgestellt sind, kaum noch. Sie beruhen auf Erfahrungen, die Gräsel in Katalonien machen konnte: mit dem Licht der Sonne, der Landschaft und den wiederkehrenden Zeichen, die frühere Generationen in Ziegelsteine geritzt haben. Die Bilder auf Papier geben nun unmittelbar diese Zeichen wieder. Die Skulpturen aber, die aus Hölzern, Weidengerten und Fundstücken bestehen und, mit grafischen Notaten, geweißelt sind, denken die Zeichen und den Bezug zur Natur weiter, wirken spielerisch, großzügig und sind knapp und unmittelbar verständlich. So finden sich Metaphern für das Segel und das Schiff oder für die Sonne. Beiläufig, ohne viel Aufhebens zeigen diese Arbeiten schließlich auch eines: dass Friedrich Gräsel ein souveräner und großartiger Künstler ist.
Friedrich Gräsel, Katalanische Zeichen – Objekte und Bilder, bis 3. Juli im Schlieker-Haus in Bochum, www.schlieker-haus.de
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