Die älteste Sparda-Bank wurde 1896 unter dem Namen „Spar- und Vorschuss-Verein der badischen Eisenbahnbeamten“ in Karlsruhe gegründet. Im Mittelpunkt der Geschäftstätigkeit steht das Privatkundengeschäft. Die Kunden erwerben mindestens einen Genossenschaftsanteil und sind dadurch zusammen mit anderen Kunden Mitglied und Miteigentümer der Bank. Die Stiftung Kunst, Kultur und Soziales der Sparda-Bank West hat sich die Stärkung der bürgerlichen Gesellschaft zum Ziel gesetzt, denn Bürgerengagement kann nicht im Grundsatz verändern, aber punktuell bewegen und damit bedeutsame Arbeit leisten. So initiiert und fördert die Stiftung systematisch Projekte für das Gemeinwohl. Sie bekennt sich insbesondere zu Offenheit und Integrität, das heißt, über Entscheidungen, Projekte und Hintergründe wird zeitnah und transparent informiert, denn die Stiftung verfolgt auch das Ziel, mehr Bürgerengagement zu entfachen. trailer sprach mit Ursula Wißborn, Vorstand der Stiftung der Sparda-Bank West.
trailer: Frau Wißborn, hundert Jahre Bürgerengagement der Sparda-Bank – ist der Geruch des frühen 20. Jahrhunderts heute verschwunden?
Ursula Wißborn: Interessante Frage, wobei ich zu der Zeit ja noch nicht gelebt habe und das jetzt ein bisschen schwer beurteilen kann. Aber ich glaube, dass ein Unternehmen, wenn es sich gesellschaftlich engagiert, natürlich auch immer schaut, was gerade zu der Zeit auch wichtig ist, ohne dabei beliebig zu werden oder sich nur das herauszusuchen, was gerade hip ist. Eine gewisse Kontinuität und Nachhaltigkeit sollte bei dem Engagement eines Unternehmens oder auch einer Stiftung gegeben sein. Man schaut, wo es wichtig ist zu fördern, Unterstützung zu leisten, aber immer mit dem Blick darauf, dass es nicht das Gießkannenprinzip sein kann, und dass es schon ein Projekt sein sollte, das eine Wertigkeit hat und auch nachhaltig wirkt.
War das soziale Engagement früher größer als das kulturelle, oder umgekehrt?
Eigentlich gleichbleibend. Die Stiftung existiert ja erst seit 2004, da haben wir begonnen, Kunst, Kultur und Soziales zu fördern. Ich glaube, dass es keinenSchwerpunktwechsel gegeben hat. Wir schauen, dass die Themen einigermaßen gleichberechtigt sind.
Sie fördern aber im besonderen Maße die Nachwuchsarbeit?
Richtig. Das ist die kulturelle Kundschaft der Zukunft. Nicht vom Blickwinkel der Bank, sondern aus Sicht der Museen oder Theater. Man sollte sich im Kulturbereich oder im Sozialen verstärkt auf junge Menschen konzentrieren, damit die auch diese vielfältige Kulturlandschaft erkennen, die wir vielleicht bereits erlebt haben. Wir stellen fest, dass das nicht mehr so gegeben ist, und deswegen ist das für uns ein Schwerpunkt gemeinsam mit dem Landesverband der Musikschulen, die Projektförderung für öffentliche Musikschulen in NRW, ein richtig spannendes Musiknetzwerk zu gestalten. Aber auch unsere beiden Nachwuchswettbewerbe im Jazzbereich, den Jazz-Award bei den Düsseldorfer Jazztagen und den Computersound-Wettbewerb bei den Leverkusener Jazztagen zu fördern, wodurch junge Menschen die Möglichkeit eines Auftritts bekommen. Im sozialen Bereich liegt unser Schwerpunkt ganz klar in der Kindergesundheit. Ein wichtiges Thema, weil auch hier die Angebote nicht mehr so selbstverständlich sind, wie sie früher mal waren, da die Kommunen nicht mehr so viel Geld haben.
Das heißt, Sie fördern auch kommunale Museen?
Richtig.
Nur im Rheinland?
Nein, eigentlich in fast ganz NRW. Wir haben einen Schwerpunkt in den größeren Städten, sei es jetzt das Museum Ludwig in Köln oder die Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, das Museum Abteiberg in Mönchengladbach, in Mülheim an der Ruhr, in Bonn, das Kunstmuseum für Gegenwartskunst in Siegen. Wir schauen schon auf der Landkarte, wo wir auch präsent sind, und wo es interessante Häuser gibt. Da engagieren wir uns.
Dass Sie das Museum Ludwig in Köln fördern, war für mich überraschend.
Wir nennen das Sparda-Ausstellungsförderung. Im Museum Ludwig fördern wir das Programm „Langer Donnerstag“. Einmal im Monat findet in allen Kölner Museen der „Lange Donnerstag“ statt, entweder mit freiem oder ermäßigtem Eintritt, aber immer auch mit einem Mehrwert. Neben dem Besuch der Ausstellung gibt es ein Konzert, eine besondere Führung oder ein Künstlergespräch, oder man kann dort einen Film anschauen. Das hat uns sehr angesprochen, weil wir uns gesagt haben, dass diese Kombination der unterschiedlichen Genres im Museum sehr spannend ist, gerade für Menschen, die vielleicht sonst nicht ins Museum gehen würden.
Kommt kommunal finanzierte Kultur ohne dieses Sponsoring gar nicht mehr aus?
Wir kriegen das natürlich von den Partnermuseen gespiegelt, dass die nicht mehr so gut aufgestellt sind, wie sie es vor 10 Jahren noch waren. Also die Notwendigkeit für ein Museum, sich Sponsoren zu suchen, ist tägliches Business, ein Muss. Ich denke, dass viele Museen sehr froh sind, dass es Unternehmen wie uns oder die Stiftung gibt, die sich so breit aufstellt und nicht ausschließlich Blockbuster-Ausstellungen fördert. Wir gehen in die Region, auch mit kleineren Summen, so dass Ausstellungen möglich gemacht werden oder geplante noch mal umfassender dargestellt werden können, vielleicht ein Katalog gedruckt werden kann, der sonst unter den Tisch gefallen wäre.
Ist das noch Sponsoring oder schon eher Mäzenatentum?
Mäzenatentum ist ja immer so ganz uneigennützig, niemand will genannt werden. Sponsoring im klassischen Sinne ist es auch nicht, weil wir mit den wenigsten Museen richtige Sponsorenverträge haben, wo Rechte und Pflichten drinstehen. Im Grunde sind das Partnerschaften. Wir geben in der Regel unsere Förderung als Spende an das Museum, und das Museum kann dann mit dem Geld die Ausstellung aufwerten oder überhaupt erst realisieren. Ich glaube, es ist eine Mischung aus beidem: Wir nehmen nie Einfluss auf das Programm, die Förderung ist also in gewisser Weise uneigennützig. Auf der anderen Seite will man natürlich auch genannt werden, gemeinsam bei Presseterminen oder der Ausstellungseröffnung auftreten, mit dem Logo vertreten sein. Das ist so eine Mischung.
Der Jazz-Award kommt aber beispielsweise direkt von Ihnen?
Ja. Wir hatten überlegt, uns in Düsseldorf im Bereich des Jazz zu engagieren. Da kommt man an der Düsseldorfer Jazz Rallye nicht vorbei, das ist seit 21 Jahren ein Open Air-Festival für Menschen, die für einen kleinen Preis eine besondere Vielfalt zu hören bekommen. Wir sind auf die Veranstalter zugegangen und haben gesagt, wir würden uns da gerne engagieren, und haben gefragt, ob die Möglichkeit bestehe, zu dem Sponsoring der Jazz Rallye auch einen Nachwuchswettbewerb ins Leben zu rufen. Da sind wir auf offene Ohren gestoßen, Schirmherr Klaus Doldinger hatte das schon immer gefordert, weil die Jungen so wenige Auftrittsmöglichkeiten haben. Wir haben den dann nach uns benannt: „Sparda Jazz Award“, damit es auch einen Bezug zu uns hat, und das läuft jetzt zum zweiten Mal.
Leidet die Zukunft der Stiftung unter den Verwirrungen am Finanzmarkt?
Nein. Wir sind in einer sehr glücklichen Situation, dass die Spardabank zum einen ein gesundes Unternehmen ist, zum anderen kommt ein Großteil der Mittel aus den sogenannten Reinempfängen der Gewinne des Sparvereins, aber das kann der Leser vielleicht nicht nachvollziehen, deshalb sage ich es einfach: Wir sind gut und solide aufgestellt und schauen positiv in die Zukunft.
Aktuelle geförderte Ausstellung: Avante Brasil I bis 8. September I Kunst im Tunnel, Düsseldorf
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