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Joan Mitchell, Untitled, um 1967, Pastell, Tinte auf Papier, 24,5 x 19,5 cm (Ausschnitt)
© Estate of Joan Mitchell

Von der Natur

30. April 2015

Joan Mitchell in Essen – RuhrKunst 05/15

In Deutschland ist Joan Mitchell wahrscheinlich nur Spezialisten bekannt: Als wichtige Vertreterin des abstrakten Expressionismus reflektierte sie mit ihrer farbintensiven Malerei Erlebnisse der freien Natur. Neben Kollegen wie Willem de Kooning und Clifford Still hat sie es allerdings nie zu Weltruhm geschafft. Wie qualitätsvoll und nuanciert ihr Werk aber ist, zeigt jetzt das Museum Folkwang anhand von sechzig Zeichnungen aus Skizzenbüchern, die, flankiert von einem großformatigen Gemälde, zu essentiell sind, um hier von einer Kabinettausstellung zu sprechen. Natürlich, die zeichnerische Notation ist die spontanste Bannung des Gedankens. Sie verzichtet auf die weitere ästhetische Umkreisung: Sie hält den Gedanken im Kern fest – dies trifft genauso auf die Blätter von Joan Mitchell (1925-1992) zu. Sie stammen aus den 1960er Jahren, als die amerikanische Malerin – bereits gefestigt in ihrem Stil – nach jahrelangem Pendeln von New York ganz nach Paris gezogen war, wo sie ab 1967 ein Landhaus mitten in der Natur an der Seine bewohnte.

Obzwar auch weiterhin eng mit dem internationalem Kunstgeschehen in Kontakt, hat sie sich in ihrer eigenen Malerei zurückgezogen und ganz auf ihre Seherlebnisse konzentriert: Sie transzendiert Licht, Bewegung und weitere Phänomene der Landschaft in Farbe und Gestus. Das trifft nun auch auf die Essener Auswahl zu. Die Zeichnungen sind am Rand perforiert, unsigniert, wahrscheinlich nicht so explizit für die Öffentlichkeit vorgesehen und waren im Übrigen auch nur bedingt „Vorlage“ für die großformatigen Gemälde. Aber auf diesen Blättern passiert etwas Erstaunliches. Sie sind mit ihren sich verdichtenden, wieder auseinanderdriftenden kräuselnden Linien in Pastell und Kohle, teils auch Tusche und Filzschreiber lapidar, abstrakt, und doch stellen sie in ihrer Farbigkeit, die im Wesentlichen den Farben der Natur folgt, eine tief empfundene, immens sinnliche Umschreibung dessen dar, was Mitchell beobachtet hat. Man kann sehr schnell durch die Ausstellung laufen. Und man kann eine Stunde oder länger in ihr verweilen.

„Joan Mitchell – The Sketchbook Drawings“ | bis 31.5. | Museum Folkwang in Essen | 0201 88 45 000

THOMAS HIRSCH

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