Bildhauerklasse. Aernout Mik. Kein Wunder dass es so viele Videos zu sehen gibt. „so traurig war das shooting“ heißt die studentische Übersicht auf drei Etagen, die der Gelsenkirchener Kunstverein organisiert hat. In der Alten Villa, wo man „Shooting“ mal wörtlich, mal als Fotoattacke oder als Referenzrahmen für die Selbstdarstellung benutzt. Am eindrucksvollsten für mich war eine Arbeit von Silke Schönfeld. „köçekler“ (2015) heißt sie und ist eine Zweikanal-Videoinstallation mit einem Loop von 9:26 Minuten. Zu sehen sind zwei junge Männer, die in einem langen Büroflur in Frauenkleidern tanzen. Traditionell werden die Köçekler (Bauchtänzer) zu Festen eingeladen, um die Gäste zum Tanzen zu animieren. Mitte des 19. Jahrhunderts war der Brauch, der oft eine Ausbildung von 14 Jahren erforderte, vom Sultan sogar verboten worden. Schönfeld installierte ihre Doppelprojektion über eine Ecke. Man hört nur die Glöckchen an den Kostümen der Männer, die zu Tanzen notwendige Musik haben sie im Ohr gestöpselt. So entsteht eine merkwürdige magische Verquickung zwischen dem Bauchtanz, den Geräuschen und der unwirklich erscheinenden Szenerie.
15 Kunststudenten haben sich nach dem traditionellen Rundgang an der Kunstakademie Münster gleich auf die Ausstellung in Gelsenkirchen gestürzt. Selbst clevere Marketingstrategien wurden probiert. So soll kurz vor der Eröffnung ausgerechnet Zauri Matikashvilis Werk „kann weg“, ein Papierkorb mit zerknüllten Papierschnipseln auf denen „kann weg“ gedruckt war, vom Reinigungspersonal entsorgt worden sein. Eigentlich zu süß, um schon wieder wahr zu sein. „Ist das Kunst oder kann das weg?“ Beuys‘ Fettecke oder seine „gereinigte“ Badewanne, auch Kippenbergers Kalkfleck in Dortmund. Und jetzt der Papierkorb? Eine Schimäre, wie Chao-Kang Chungs Doppelleinwandflügel „Magrittes Fenster“ (Öl, 2016)? Egal. Nicht immer geht es hier um Spaß, oft aber um Identität. Mikołaj Sobczaksucht dafür seine Urväter in Polen auf und verarbeitet das in einer Videoinstallation.
„so traurig war das shooting“ | bis 8.5. | Kunstverein Gelsenkirchen im Kunstmuseum Gelsenkirchen | Eintritt frei
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Konkret gemalt
„Colours and Lines in Motion“ in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 11/23
Rot im Silberspiegel
Rita Rohlfing im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 02/22
Umdefiniert
Objet trouvé in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 05/20
Hohelied auf Schnee und Frieden
„Weiß, weißer, RAL 9010“ im Kunstmuseum Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/18
Stehen, Lehnen, Liegen
Michael Kortländer im Kunstverein Gelsenkirchen – kunst & gut 09/15
Fläche und Raum
Allsop und Mosley in Gelsenkirchen – RuhrKunst 05/15
Ein räumliches Denken
F. Kühner und H. Kuhnert in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 08/13
Hauch Unendlichkeit
R.-G. Dienst im Kunstmuseum Gelsenkirchen - Ruhrkunst 06/12
Raumgewinn durch Bewegung
Eine Werkübersicht zu Günter Tollmann in Gelsenkirchen – Ruhrkunst 01/12
Das Programm der Bildhauer
Ausstellungen in Gelsenkirchen und in Duisburg und im Museum Glaskasten in Marl - RuhrKunst 04/11
Hinter Samtvorhängen
Silke Schönfeld im Dortmunder U – Ruhrkunst 11/24
Keine falsche Lesart
Ree Morton und Natalie Häusler im Kunstmuseum Bochum – Ruhrkunst 11/24
Gelb mit schwarzem Humor
„Simpsons“-Jubiläumschau in Dortmund – Ruhrkunst 10/24
Die Drei aus Bochum
CityArtists in der Wasserburg Kemnade – Ruhrkunst 09/24
Roter Teppich für das Kino
Kino- und Filmgeschichte des Ruhrgebiets im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 08/24
Lebendige Zeitgeschichte
Marga Kingler im Essener Ruhr Museum – Ruhrkunst 07/24
Happy End
Ausstellung über Glück in Bochum – Ruhrkunst 07/24
Im Bann der Impulse
„Radiant“ im Lichtkunstzentrum Unna – Ruhrkunst 06/24
Alle für einen
Matthias Wollgast im Märkischen Museum Witten – Ruhrkunst 06/24
Leben in der Wüste
Namibia-Ausstellung im Naturmuseum Dortmund – Ruhrkunst 05/24
Hin und weg!
„Ferne Länder, ferne Zeiten“ im Essener Museum Folkwang – Ruhrkunst 05/24
Utopie und Verwüstung
„The Paradise Machine“ in Dortmund – Ruhrkunst 04/24
Ins Blaue
„Planet Ozean“ im Gasometer Oberhausen – Ruhrkunst 04/24
Intensive Blicke
Fotografin Annelise Kretschmer im MKK Dortmund – Ruhrkunst 03/24
Kultige Cover
Designagentur Hipgnosis in Oberhausen – Ruhrkunst 03/24