Mit dem Song „0815“, in dem sich einer der beiden Rapper damit brüstet, dass sein Körper „definierter als von Auschwitzinsassen“ sei, sorgten Kollegah und Farid Bang für einen der größten Skandale dieses Jahres in der deutschen Musikszene. Dessen Hintergründe und Auswirkungen waren Thema bei der Gesprächsrunde „Gangster.Rapper.Musiker.“, die am 1.9. beim Campfire Festival für Journalismus und digitale Zukunftsthemen in Düsseldorf stattfand.
Mit der Verleihung des Musikpreises Echo an Kollegah und Farid Bang für das Album „Jung, brutal, gutaussehend 3“, auf dem das besagte Stück als Bonustrack enthalten ist, erreichte die Diskussion um die beiden Rapper im April 2018 ihren Höhepunkt. Campino, Sänger der Toten Hosen, übte noch während der Preisverleihung öffentlich Kritik. Nachdem mehrere aktuelle und frühere Preisträger ihre Echos zurückgaben, entschieden sich die Verantwortlichen der deutschen Musikindustrie dafür, den schon seit längerer Zeit umstrittenen Preis in dieser Form abzuschaffen. Beim Campfire Festival diskutierte Moderatorin Marta Orosz vom veranstaltenden Recherche-Netzwerk Correctiv mit zwei Musikjournalisten über Kollegah, Farid Bang und die Kunstform des „Gangsta-Rap“. Dennis Sand, Journalist für die Welt-Gruppe, der unter anderem mit dem jüdischen Rapper Sun Diego dessen Autobiografie veröffentlicht hat, blickte noch einmal auf die mediale Diskussion zurück, die er sich differenzierter gewünscht hätte. Das Konzept der Albumreihe „JBD“ von Kollegah und Farid Bang sei es möglichst viele Minderheiten zu beleidigen. Mit „Jeder kriegt sein Fett weg“ sei der Ansatz wohl treffend beschrieben, erläuterte Sand. Er halte es zwar für grundsätzlich richtig, dass über eine geschmacklose Textzeile wie den Auschwitzinsassen-Vergleich kontrovers diskutiert worden sei. Es werde aber dem Thema nicht gerecht, die beiden Rapper einfach als Antisemiten abzustempeln.
Lars Weisbrod, als Redakteur im Feuilleton der Zeit unter anderem für Popkultur-Berichterstattung zuständig, wies darauf hin, dass das Antisemitismus-Thema in diesem Zusammenhang allerdings erst richtig groß geworden sei, weil Kollegah in einer ARD-Dokumentation mit entsprechenden Verschwörungstheorien aufgefallen war. Zudem hätten die beiden Rapper mit ihrem Auftritt bei der Echo-Verleihung, der sich faschistoider Ästhetik bedient habe, die Kontroverse noch einmal auf die Spitze getrieben. Sands Wunsch nach einer konstruktiven öffentlichen Diskussion mit Kollegah und Farid Bang, die über Millionen Follower im Netz verfügten, wollte sich Weisbrod nicht vorbehaltlos anschließen. „Ich denke nicht, dass man der Ideologie, die Kollegah mitunter verbreitet, eine weitere Bühne bieten sollte. Wenn überhaupt, müssten seine Ansichten sehr kritisch hinterfragt werden.“
Bei der Diskussion, der ein Teilnehmer aus der Musiker-Szene durchaus zusätzliche Impulse hätte geben können, waren sich die beiden Journalisten auch in der nachträglichen Würdigung des abgeschafften Echo-Musikpreises nicht einig. Sand bedauerte das - zumindest vorläufige - Aus für die Auszeichnung. Nicht zuletzt, weil die Preisverleihung als Plattformen immer wieder dafür gesorgt habe, dass Kontroversen wie die um Kollegah und Farid Bang oder zuvor um völkisch-nationalistisch geprägte Texte der Rockband Frei.Wild einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden seien. Weisbrod hingegen vermochte wenig Positives zu finden: „Ich bin nicht traurig, dass der Echo weg ist.“
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