Die Diskussion machte deutlich: Eine große Vertrauenskrise, wie sie der Veranstaltungstitel „Es muss stimmen, es steht im Internet – Wie Medien das Vertrauen ihrer Leser verspielen (und wie sie es zurückgewinnen können)“ suggerierte, gibt es nicht. Die Medienmacher seien aber gefordert, ihre Arbeit ständig zu hinterfragen und deren Hintergründe aufzuzeigen.
Auch der viel gebrauchte Begriff „Fake News“ wurde auf dem Panel des vom gemeinnützigen Recherchezentrum Correctiv organisierten Festivals kritisch beleuchtet. Es sei überhaupt kein neues Phänomen, dass falsche Informationen in Umlauf gebracht würden, um etwa einem politischen Gegner zu schaden, erklärte Marion Horn, Chefredakteurin der Bild am Sonntag, im Gespräch mit Moderatorin Kristina Dunz (Rheinische Post). Dies müsse man jedoch deutlich unterscheiden von unabsichtlichen Fehlern, die im Redaktionsalltag immer wieder vorkommen könnten, befanden die Diskussions-Teilnehmerinnen. Gudrun Engel, Redakteurin und Reporterin beim WDR erinnerte in diesem Zusammenhang an einen Beitrag der Tagesschau über die Ukraine-Krise, in dem Bildmaterial falsch zugeordnet worden sei. „Dafür haben wir uns umfassend entschuldigt. Das finde ich auch wichtig und richtig.“ Medienvertreter sollten auch mit ihrer Rolle im Zeitalter des Konkurrenzkampfs um die schnellsten Eilmeldungen selbstkritisch umgehen. „Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, wie wichtig Sorgfalt ist“, sagte Julia Bönisch, Chefredakteurin von sueddeutsche.de. Trotz aller gebotenen Schnelligkeit gelte in ihrer Redaktion die Maxime: „Be first, but first be right“.
Die Medien selbst könnten mit der Auswahl ihrer Themen deren öffentliche Wahrnehmung und die Stimmung, in der darüber diskutierte werde, beeinflussen, befand die Runde. „Die starke Konzentration auf das Thema Flüchtlinge war ein Fehler“, erklärte Horn. Dadurch seien weitere wichtige Probleme, die die Menschen im Alltag beschäftigten, an den Rand gedrängt worden. Auch Engel plädierte dafür, die Bedeutung von Themen nicht durch zu ausführliche Berichterstattung zu überhöhen. „Man muss mit den Menschen vor Ort sprechen, muss aber nicht alles senden“, sagte sie unter anderem mit Blick auf die aktuellen Ereignisse in Chemnitz. Sie erinnerte an die Anfänge der Pegida-Bewegung, deren regelmäßige Demonstrationen in der Berichterstattung überpräsent gewesen seien. Das richtige Maß in der Themenauswahl sei ebenso wichtig wie die Wortwahl, kommentierte Bönisch. Die Berichterstatter müssten es vermeiden Kampfbegriffe in den eigenen Sprachgebrauch zu übernehmen. Allerdings, auch in dieser Hinsicht waren sich die Diskussions-Teilnehmerinnen einig, gebe es eine Gruppe von vermeintlich medienkritischen Menschen, die man trotz aller Sorgfalt und Transparenz nur schwer von der Glaubwürdigkeit des Journalismus überzeugen könne. „Es gibt eine Art Parallelgesellschaft von Leuten, die für sich beschlossen haben, dass alles scheiße ist und dass sie von allen belogen werden. Ich weiß nicht, ob wir die noch in irgendeiner Form erreichen können“, kommentierte Horn und stellte mit Nachdruck fest: „Ich bin seit 30 Jahren in diesem Beruf aktiv und in dieser Zeit sind alle Medien besser geworden. Das lasse ich mir auch von keinem Fake-News-Schreier ausreden.“
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