Es ging um die Welt. Als die Bombeneinschläge immer näher kamen, die Menschen immer weniger, der Krieg von Woche zu Woche brutaler wurde, blieb sich der Musiker Aeham Ahmad treu. Er spielte einfach weiter auf seinem Klavier – inmitten der zerbombten Straßen Jarmuks, einem Stadtviertel der syrischen Hauptstadt Damaskus. Als „Pianist aus den Trümmern“, der den Menschen mit seiner Musik Hoffnung geben will, wurde er in den Sozialen Medien, in Zeitungen und Fernsehen bekannt.
Dass das Campfire-Festival für Journalismus und Neue Medien mit einem Konzert von Aeham Ahmad sowie einer Lesung aus seinem autobiographischen, im Oktober erscheinenden Buch „Und die Vögel werden singen“ begann, erschien daher umso passender. Denn es gehört zu den dringendsten Herausforderungen von JournalistInnen: Wie auf die Schicksale in den Krisen- und Kriegsregionen aufmerksam machen? Wie auf das Erstarken von Le Pen, Trump, AfD und Co. reagieren? So stellte auch Henrik Müller, Geschäftsführer des Instituts für Journalistik an der TU Dortmund und Spiegel Online-Kolumnist, in seiner Eröffnungsansprache klar: „All das ist auch Journalismus. Wie funktioniert etwa Öffentlichkeit?“
Es geht um die Schnittstelle zwischen Politik und den BürgerInnen. Und das betrifft nicht nur ExpertInnen. Trotz der zahlreichen Journalismus-Studenten, die zu den Veranstaltungen pilgerten und die Infostände auf dem Campus der Technischen Universität besuchten, gibt es somit auf dem Campfire-Festival auch ein Angebot mit gesellschaftlichen Fragen. Bis Samstag geht es noch um Themen wie Terrorismus und Rechtspopulismus, Migration und Flucht, Meinungen und Manipulation.
Viele dieser politischen Probleme sind zugleich Fragen, die auch JournalistInnen Antworten abverlangen. Schlagworte wie Hate Space oder Fake News prägen den Diskurs. Über letzteres sprach Constantin Schreiber. Der Autor und NDR-Fernsehmoderator kennt das als „Fake News“ bezeichnete Phänomen aus dem Arbeitsalltag. Gerüchte und Vermutungen werden durch die Sozialen Medien gejagt und gewinnen schnell Wahrheits-Status. „Falsche Sachen sollten nicht unwidersprochen verbreitet werden“, sagte Schreiber, der zwar vom einem inflationären Gebrauch dieses Begriffs sprach, letztendlich aber auch JournalistInnen gefordert sieht: „Wer wenn nicht die Medien sollten das bewältigen?“
Wann es genau anfing, hat Dunja Hayali vergessen. Doch mit Hasskommentaren im Netz musste die Moderatorin des ZDF-Morgenmagazins bereits viele Erfahrungen sammeln. Beim Campfire-Festival erzählte sie von ihrem Umgang damit. Hayali geriet in den Schlagzeilen, als sie schlagfertig auf einen aggressiven Post eines Facebook-Users reagierte. Später suchte sie eine telefonische Aussprache mit ihm, die Sache war damit erledigt.
Doch auch andere JournalistInnen sind mit ähnlichen Anfeindungen im Netz konfrontiert. Manche Redaktionen sperren bereits Forenbeiträge, um Hasskommentare zu vermeiden. Für Hayali ist das keine Lösung: „Es reicht ja nicht, wenn wir das löschen“, so die ZDF-Moderatorin. „Wir müssen uns einfach damit auseinandersetzen, dass ein Fünftel unserer Bevölkerung rassistisches, homophobes oder sexistisches Gedankengut teilt.“ Es sei daher weniger Aufgabe des Journalismus, sondern der Politik, diese Probleme zu lösen. Auch wenn besonders ihr Berufsstand die Angriffe im Hate Space abkriegt: „Da braucht man ein sehr dickes Fell und sollte sich darin nicht solange aufhalten. Aber als Person des öffentlichen Lebens muss man sich da zusammenreißen.“ Hayalis persönlicher Tipp: „Leg dir einen Hund zu. Er tröstet.“
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