Der Park, den Otmar Alt in Norddinker angelegt hat, ist mit seinen Fantasiewesen ein Juwel im Grünen. Die Malerei und Skulptur des berühmten Künstlers, der Farbflächen wie Puzzleteile verzahnt, kommt in der Natur anschaulich zum Ausdruck. Im Museum der Stiftung sind momentan aber nicht nur Werke Otmar Alts, sondern auch eine Ausstellung mit Frank van Hemert zu sehen. Dieser wurde 1956 geboren, lebt in der Nähe vom Amsterdam und ist seit seiner Teilnahme an der Documenta 1982 international bekannt. Auch bei ihm „knallen“ die Farben, löst sich die Darstellung vom Figürlichen und lässt sich doch darauf zurückführen.
Bereits im Sommer 2011 hat Frank van Hemert in Hamm ausgestellt. Im Gustav Lübcke Museum hatte er unter dem Titel „Unverschämte Schönheit“ Malereien, Zeichnungen und Collagen gezeigt, die mit impulsiv widerspenstigem Strich kreatürliche Zustände von der Geburt bis zum Tod umrissen. In der Werkgruppe der neuen Gemälde, die seit 2019 entstehen und jetzt umfassend in der Otmar Alt Stiftung gezeigt werden, widmet er sich dem Bildnis, den „Psychic Portraits“. Seine malerische Abstraktion wirkt auf den ersten Blick ungestüm, emotional und zugleich beherrscht, kontrolliert. Es handelt sich überwiegend um Persönlichkeiten des kulturellen und politischen Lebens, bevorzugt Maler und Malerinnen des 19. bis 21. Jahrhunderts: Paula Modersohn-Becker, Georgia O‘Keeffe, Karel Appel oder David Hockney, denen er sich teils mehrmals zuwendet. Das Malen findet ohne Fotovorlage oder die zusätzliche Beschäftigung mit den Porträtierten und deren Werk statt. Vielmehr spricht Frank van Hemert von unerwarteten drängenden Hervorbringungen, die sich in der Malhandlung im Atelier zu einem Bild verdichten, einer „dinglichen Evokation geistiger Energie“, wie Rick Vercauteren im Katalog schreibt. Und Diana Lenz-Weber, die Kuratorin in Hamm, ergänzt: „Die abstrakten bildnerischen Mittel beschwören eine zweite, höhere Wirklichkeit, die, treffender als jede reale Darstellung, das innere Wesen der Person bezeichnet.“
Die Porträts sind hochformatig. Sie sind zielstrebig und bleiben offen für eigene Deutungen. Die Kopfform ist in einem monochromen Farbgrund zentriert und dehnt sich mitunter bis zum Bildrand aus. Breite Farbbahnen sind verschlungen und lösen sich auf, halten sich aber als Form, dazu sind feine Partien als pastose Materie gesetzt. Jedes Bild verläuft anders und erzählt eine eigene Geschichte. Zur Wirkung trägt bei, dass die Gemälde von einer weißen Platte umgeben sind, die unten zentriert ein altertümliches Namensschild trägt. Es gibt die Persönlichkeit vor und stellt den Kontakt zum Betrachtenden her – schließlich kommunizieren beide vis-à-vis. Und dann blitzen einzelne Referenzen auf, sei es ein charakteristischer Farbklang oder der Hinweis auf das abgeschnittene Ohr bei Vincent van Gogh , das Stachelige der Rasta-Frisur von Jean-Michel Basquiat oder der aquarellhaft verschwimmende Ton der Malerei bei Marlene Dumas – oder kommt es uns nur so vor? Die Farbe bleibt in Bewegung, ist sinnlich und energetisch und der Stoff, aus dem sich das Leben, Existenz und Kreativität bilden. Überraschend, erstaunlich!
Frank van Hemert – Psychic Portraits | bis 17.11. | Otmar Alt Stiftung in Hamm-Norddinker | 02388 21 14
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