Das alte Jahr ist Geschichte, das neue mit Feuerwerken im ganzen Land eingeläutet – oder besser: mit einem ganz besonderen Chemie-Mix. Denn zum Jahreswechsel werden durch Feuerwerkskörper innerhalb weniger Stunden knapp 5.000 Tonnen Feinstaub freigesetzt. Dies entspricht etwa 16 Prozent der jährlich im Straßenverkehr entstehenden Feinstaubmenge, wie eine Studie des Umweltbundesamtes vom Ende 2018 verdeutlicht.Zahlreiche Städte haben bereits Feuerwerksverbote in bestimmten Gebieten eingerichtet oderprüfen derzeit ihre Möglichkeiten. Beispiele hierfür sind Berlin, München oder Landshut. Im Ruhrgebiet ist man weitaus zurückhaltender.
„Es ist Aufgabe der Kommunen darüber zu entscheiden, in welchem Maß und an welchen Stellen Feuerwerk zugelassen wird. Gerade Städte mit hoher Feinstaubbelastung, denen Fahrverbote drohen, müssen dabei die Aspekte des Gesundheits- und Umweltschutzes mit in ihre Entscheidung einbeziehen“, sagt etwa Mehrdad Mostofizadeh,Vize-Fraktionschef der Grünen im Landtag NRW.Schlichte und flächendeckende Verbote hält der Essener hingegen für unkreativ und nicht verhältnismäßig. EbensoNRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser: „Die Feinstaubbelastung durch Feuerwerke wirkt sowohl in der räumlichen als auch zeitlichen Ausdehnung meist punktuell. Daher bietet das Immissionsschutzrecht unter Zugrundelegung der Messdaten der vergangenen Jahre keinen Ansatz für ein vollständiges Verbot.“ Das sieht die Deutsche Umwelthilfe (DUH) gänzlich anders – und holt, wie schon beim Diesel-Fahrverbot – zum Rundumschlag aus. Denn für sie ist klar: wer für Klimaschutz eintritt und das Klima retten will, sollte auf Silvesterfeuerwerk verzichten.
Nachgefragt, was die DUH – nach den Klagen für Diesel-Fahrverbote in deutschen Großstädten – nun im Schilde führt, machtDorothee Saar, Leiterin des Fachbereichs Verkehr und Luftreinhaltung, deutlich: „Die DUH setzt sich bereits seit vielen Jahren für ein Ende der archaischen Böllerei zu Silvester ein. Deshalb haben wir in 98 Städten mit Feinstaub belasteten Städten den Stopp der Feuerwerk-Böllerei beantragt und saubere Alternativen für Silvester aufgezeigt.“ Betroffen davon sind zahlreiche Städte im Ruhrgebiet. Dabei geht es der Organisation nicht generell um Verbote, sondern vielmehr ums Umdenken in den Köpfen. Saar: „Unser Ziel ist es, Städten und Ländern, die ohnehin unter einer hohen Luftbelastung leiden, Möglichkeiten aufzeigen, wie sie den Feinstaubausstoß an Silvester verringern können. Dazu können Licht- und Lasershows zählen. Zu den bereits gegebenen rechtlichen Möglichkeiten fordern wir eine Änderung des Bundesimmissionsschutzrechts beziehungsweise Änderungen in der Sprengstoffverordnung, die es den zuständigen Behörden vor Ort ermöglichen, allgemeine und großräumige Verbote für Knall- und Feuerwerkskörper nach deren Ermessen zu verhängen.“ Bundesumweltministerin Svenja Schulze sei hier in der Pflicht.
356 Tage Zeit bleiben der Politik, ein derartiges Verbot umzusetzen – bis es wieder heißt: Frohes Neues Jahr. Kommt sie dem nicht nach, wird dieDeutsche Umwelthilfe wohl abermals den geübten (Klage-)Weg beschreiten. Und hoffentlich gewinnen. Dennfür bessere Luft, weniger Müll, weniger Verletzungen und weniger Lärm sollte Schluss sein mit der privaten Schwarzpulver-Böllerei zum Jahreswechsel.
Rückblick: Nachgehakt – Aufschwung durch den Brexit
Der Brexit hat Auswirkungen auf die Wirtschaft in Nordrhein-Westfalen – wohlgemerkt nicht nur negative. So haben sich laut Dr. Stephan Holthoff-Pförtner, Landesminister für Bundes- und Europaangelegenheiten in NRW, wegen des drohenden Brexits bereits über 100 britische Firmen in NRW angesiedelt. Dadurch seien rund 2500 neue Arbeitsplätze entstanden. Die NRW.Invest GmbH, die Ansiedlungsvorhaben in Nordrhein-Westfalen unterstützt, zählt aktuellrund 1.500 britische Unternehmen in NRW mit etwa 100.000 Arbeitsplätzen. Und: Die Zahl der internationalen Unternehmen in NRW könnte noch deutlich ansteigen. Laut einer Umfrage von Ernst & Young plant jede siebte in Großbritannien aktive Firma, Geschäftsbereiche aus dem Land auszulagern – 54 Prozent nennen Deutschland als bevorzugtes Ziel.
Hat Ihnen dieser Beitrag gefallen? Als unabhängiges und kostenloses Medium sind wir auf die Unterstützung unserer Leserinnen und Leser angewiesen. Wenn Sie uns und unsere Arbeit finanziell mit einem freiwilligen Betrag unterstützen möchten, dann erfahren Sie über den nebenstehenden Button mehr.
Der größte Fehler der Nachkriegszeit
Der Brexit lässt seine Negativfolgen bereits spüren – Nachgefragt 12/19
Prozessökonomie geht anders
Wie die Staatsanwaltschaft über 100 Zeugen Angst und Bange macht – Nachgefragt 11/19
Alternativlos besser dran
Die Forderung, die AfD als rechtsextremistisch einzustufen, ist richtig – Nachgefragt 09/19
Ein Essener für den Schleudersitz
Thomas Kutschaty will SPD-Chef werden, mit holprigem Anlauf – Nachgefragt 08/19
Es lebe der Kapitalismus
Wie ThyssenKrupp Arbeitsplätze zum Vergnügen seiner Aktionäre opfert – Nachgefragt 06/19
Gegen jeden Wählerwillen
Das politische Stühlerücken schadet der Demokratie – Nachgefragt 05/19
„Gefährlich für die Demokratie“
Im Gespräch mit Horst Röper über Tageszeitungsmonopole an der Ruhr – Nachgefragt 04/19
Qualitätsjournalismus künftig gemeinnützig?
Die Politik muss neue Wege finden, guten Journalismus möglich zu machen – Nachgefragt 04/19
Planerisch noch Luft nach oben
Die Innenstädte im Revier haben (ungenutztes) Potenzial – Nachgefragt 03/19
Wer hat, dem wird gegeben
„Bürger des Ruhrgebiets“ – eine Auszeichnung, die so niemand braucht. – Nachgefragt 02/19
Lensings Macht und Sorgen um Print
Guter Journalismus kostet Geld – Nachgefragt 01/19
Zollverein, hier dreht sich alles um Kohle
Der Weg des Geldes: auf der Suche nach 1,4 Millionen Besuchern – Nachgefragt 12/18
Was erreicht worden ist
Warum Nostalgie auch in die Zukunft weist – Spezial 01/25
Ehrung für ein Ruhrgebiets-Quartett
Verleihung des Brost-Ruhr-Preises 2024 in Bochum – Spezial 11/24
Klimaschutz = Menschenschutz
„Menschenrechte in der Klimakrise“ in Bochum – Spezial 11/24
Digitalisierung 2.0
Vortrag über KI in der VHS Essen – Spezial 10/24
Minimal bis crossmedial
Rekorde und Trends auf der Spiel Essen – Spezial 10/24
KI, eine monströse Muse
12. Kulturkonferenz Ruhr in Essen – Spezial 09/24
Wurzeln des Rechtsextremismus
Online-Vortrag „Ist die extreme Rechte noch zu stoppen?“ – Spezial 09/24
Wem gehört die Ökosphäre?
Seminar „Die Rechte der Natur“ in der VHS Dortmund – Spezial 05/24
Stimmen der Betroffenen
Vortrag über Israel und Nahost in Bochum – Spezial 04/24
Außerhalb der Volksgemeinschaft
Vortrag über die Verfolgung homosexueller Männer in der NS-Zeit in Dortmund – Spezial 04/24
„Ruhrgebietsstory, die nicht von Zechen handelt“
Lisa Roy über ihren Debütroman und das soziale Gefälle in der Region – Über Tage 04/24
Unterschiedliche Erzählungen
Vortrag zur Geschichte des Nahostkonflikts in Bochum – Spezial 03/24
„Was im Ruhrgebiet passiert, steht im globalen Zusammenhang“
Die Dokumentarfilmer Ulrike Franke und Michael Loeken über den Strukturwandel – Über Tage 03/24