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Das Ruhrgebiet kann auch innovativ – und grün
Foto: Frank Eittorf /AğirbaşEittorf Friends

Planerisch noch Luft nach oben

27. Februar 2019

Die Innenstädte im Revier haben (ungenutztes) Potenzial – Nachgefragt 03/19

„Woanders is auch scheiße!“ Unter diesem Motto haben Reinhard Krause und Frank Goosen den Pott der 1980er Jahre in einem Bildband zusammengetragen: zwischen Rhein und Lippe, Maloche und Menschen, Strukturwandel und Laubenleben, Herrenkarneval und Freizeitkultur. Über Jahrzehnte schlummerten die Negative vergessen in Umzugskartons, bis Krause den Schatz schließlich hob. Ein Schatz ähnlich dem, den in 40 Jahren wohl ein anderer in seinem Keller heben könnte – um einenBildbandherauszugeben, der sich mit dem Ruhrgebiet der 2000er und 2010er Jahre beschäftigt. Was die Stadt- und Regionalplanung angeht, dürfte der Buchtitel„Woanders is auch scheiße!“ eine Renaissance erfahren. Denn er gilt ungebrochen auch für die heutige Zeit und für zahlreiche Städte und Gemeinden im Ruhrgebiet.

Tristesse, fehlende Innovationen, Kirchturmdenken in den Verwaltungen – das Ruhrgebiet dümpelt seit Jahren vor sich hin, was eine ganzheitliche Stadt- und Regionalplanung angeht. Es ist dasGewöhnliche in Design, Stil und Planung, das dem Ruhrgebiet zusetzt, unabhängig vomMantra der Industriekultur und schön klingenden Titeln wie Grüne Hauptstadt oder Kulturhauptstadt. Bausünden wie das Centro Oberhausen, das durch Erweiterungen den Leerstand in der Innenstadt beflügelt hat, sind schädlich für das Revier. In Essen wurde mit dem voluminösen „Limbecker Platz“ ein Kaufpalast geschaffen, der Ähnliches bewirkt. Und während in Weltmetropolen Hochhäuser errichtet werden, reißt man sie im Revier ein – etwa das RWE-Hochhaus an der Huyssenallee in Essen.

Pascal Hesse
Foto: Stefanie Lawrenz
​Pascal Hesse, investigativer Journalist für trailer, engels, choices, FOCUS und [recherche|kollektiv].
Er ist im Vorstand DJV NRW.

'Nachgefragt: Der Weg des Geldes' ist seine Kolumne

Einer, der sich seit jeher mit dem Ruhrgebiet beschäftigt, istFrankEittorf vom Büro AğirbaşEittorf Friends. Der Architekt und Stadtplaner aus Essen, lehrt aktuellan der Mohammed VI Polytechnic University in Marrakech (Marokko). ErvermisstAus- und Weitblick bei Planungsfragen im Revier. Nachgefragt, was er anders machen würde, betont er: „Unsere Innenstädte habenPotenzial – aber ein Imageproblem.“ Statt Wohn- und Gewerbebebauung voneinander zu trennen, setzt er auf ein Miteinander – und grüne Elemente. „Unsere Dächer müssen grün werden, denn das passt für viele erst einmal nicht zum Ruhrgebiet. Der ‚Widerspruch‘ der ‚grünen Nachverdichtung‘ würde Schlagzeilen machen, zum Vorbild werden. Und Nachverdichtung zur Klimaverbesserung zählt doppelt, insbesondere in Zeiten des Klimawandels.“ Oben schön, unten auch; so lautet seine Devise.

Ein anderes planerisches wie organisatorisches Armageddon spielt sich derweil im Nahverkehr ab.Schnell und effizient von A nach B zu kommen, wie in anderen Metropolen Europas, ist im Revier ein Novum.In Mülheim etwa wird schon seit Jahren der Rotstift am öffentlichen Nahverkehr angelegt – mit der Folge, dass Bus und Bahn dort kaputtgespart wurden. In Hagen fährt bereits ab 19.37 Uhr der erste Nachtbus am Hauptbahnhof ab, während die Sonne noch am Himmel steht und man sich in Wuppertal um zu Boden fallende Stromschienen der Schwebebahn sorgt. Eine einzige Verkehrsgesellschaft fürs Ruhrgebiet, die den Transport der Menschen bestmöglich organisiert, gibt es nicht. Keine Stadt will auf ihre Pfründe verzichten, zum Leidwesen aller die tagtäglich pendeln. Hier anzusetzen, endlich gemeinsame, statt einsame Wege zu gehen, auch das stände dem Revier gut. Und seinem Image.


Rückblick: Nachgehakt – Ein Held des Alltags

Der Verein „pro Ruhrgebiet“ vergibt Jahr für Jahr die Auszeichnung „Bürger des Ruhrgebiets“ an honorige Persönlichkeiten, zuletzt an NRW-Minister Dr. Stephan Holthoff-Pförtner. Nach dem Plädoyer für weniger Honorigkeit in der Februar-Ausgabe folgt nun ein Beispiel für jemanden, der den Titel wahrlich verdient hätte. Mit 75 Jahren packt Manfred Baasner täglich ab 5.30 Uhr bei der Tafel mit an. Der ehemalige Logistik-Unternehmer suchte nach einem Arbeitsunfall eine neue Herausforderung und fand diese im Ehrenamt. Baasner gründete die Wattenscheider Tafel, die Bochumer Tafel und die Bochumer Kindertafel, die Lebensmittel an Bedürftige verteilen. Anerkannt hat dieses Engagement die Privatbrauerei Moritz Fiege, die ihn für seine Verdienste um das soziale Gefüge nun mit der Bierkutschermütze auszeichnete.

Pascal Hesse

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