Johannes Brus ist einer der angesehensten Künstler des Ruhrgebiets. Geboren 1942 in Gelsenkirchen und seit langem in Essen-Kettwig arbeitend, war er von 1986 bis 2007 Professor an der Hochschule für Bildende Künste in Braunschweig. Er ist gleichermaßen mit Skulpturen und Fotoarbeiten etabliert. Das Kunstmuseum Bochum geht nun den Zusammenhängen nach, indem es sie gleichzeitig im Blick hat. Da sind die großformatigen Fotoarbeiten, die erst aus Eingriffen bei der Entwicklung und mit dem Zufall entstehen, und dort sind die realistisch figürlichen Skulpturen aus Eisen- oder Betonguss, Bronze oder Gips. Während die Fotoarbeiten mysteriös verwobene Tiefenräume als alchimistische Zustände schildern, sind die Skulpturen lapidare Wiedergabe. Sie zeigen Gruppen hockender Menschen, Pferde, Nashörner. Die Oberflächen kennzeichnet immer etwas „Ruinöses“, aber während in den Fotoarbeiten gerade die Gesetze der Schwerkraft aufgehoben scheinen, vermitteln die Skulpturen etwas Stabiles, in sich Ruhendes. Das alles hält die Fabulierlust von Johannes Brus zusammen, die noch auf das Studium an der Düsseldorfer Kunstakademie bei dem Bildhauer Karl Bobeck sowie auf seine Auseinandersetzung mit den Aspekten des Mythischen und Übersinnlichen bei Joseph Beuys zurückgeht. Alle Arbeiten von Brus kennzeichnet etwas Grundsätzliches. Sie halten Urbilder fest, die in ihrer Idee wie zersplitterte Meteoriten wirken und unberührt vom Menschen scheinen. Thematisiert wird eine unerfüllte Sehnsucht nach dem Ursprünglichen.
In der Rezeption zu Johannes Brus wird auf seine Auseinandersetzung mit dem Ruhrgebiet und dem dortigen Strukturwandel hingewiesen. Aber unterschätzen wir die surreale Kombinatorik seiner visuellen und taktilen Bildwelten nicht: Brus zitiert und verwebt Kolonial- und Kunstgeschichte, Industriewandel, er beschwört Exotik und stattet alles mit einem feinen Humor aus. Leider ist die Anzahl der Arbeiten in Bochum des Guten zu viel. Aber das hält die Kunst von Johannes Brus aus. Er ist ein hervorragender Künstler, in seinem ganzen Werk, seit den Anfängen in den 1970er Jahren.
„Johannes Brus – Frühe Fotos / Späte Schäden“ I bis 26. August I Kunstmuseum Bochum I www.bochum.de/museum
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