Früher, ja früher da gab es das noch: Kultur in der Wirtschaft. Da saß man auch mal mit späteren Musikgrößen wie Herbert Grönemeyer in einer Bochumer Kneipe und lauschte am Wochenende bärtigen Barden, die mit ihrer Klampfe bluesige Geschichten erzählten, während die Pilseken oder die duftenden Heufuder vernichtet wurden. Heute hat der Zusammenhang zwischen Kultur und Wirtschaft eine andere Konnotation. Schuld ist ein Herr Florida, natürlich US-Amerikaner, natürlich kein Künstler, sondern Ökonom. Der hat natürlich eine Theorie entwickelt. Seine These besagt, dass die kreativen Köpfe einer Gesellschaft und die von ihnen ausgehenden Innovationen entscheidend für das ökonomische Wachstum von Regionen seien und so eine neue kreative Klasse bildeten. Klar, diese bahnbrechende Erkenntnis ist schon ein Jahrzehnt alt, aber Richard Florida geistert immer noch durch die regionale Kulturpolitik der Landesregierung. Es gibt auch eine recht aktuelle Studie der Hochschule Niederrhein über „Die Bedeutung der Kreativen Klasse für die wirtschaftliche Entwicklung der nordrhein-westfälischen Regionen“(Mönchengladbach 2010). Da kommt zwar eher raus, dass süddeutsche Regionen die innovative Nase vorn haben, aber die Klassenbesten haben interessanterweise die wenigsten Künstler. Also diese degenerierte Klasse abschaffen. Es scheint so.
Fördergelder werden immer weiter heruntergefahren, auch das neue NRW-Kulturgesetz arbeitet da lieber mit Augenwischerei, denn der Anteil der Kultur am Gesamthaushalt bleibt verschwindend gering – Guerillamarketing ist angesagt und vielleicht auch nihilistische Verweigerung. MFKJKS (so kürzt sich hier das rostgefärbte Kulturministerium) und der Regionalverband Ruhr (RVR) geben aber Fördermittel, um die kultur- und kreativwirtschaftlichen Branchen, die weitere Entwicklung der Kreativ.Quartiere, „den Aufbau und die Pflege europäischer Netzwerke und die Realisierung regionaler kulturwirtschaftlicher Cluster zu unterstützen und damit langfristig die Kultur- und Kreativwirtschaft in der Region zu stärken“ (Zitat). Also doch lieber die Kaste derKultur- und Kreativwirtschaft. Sie gilt europaweit als Schlüsselbranche, merkwürdigerweise scheinen Russen und Chinesen da allerdings mächtig falsch zu liegen. Naja, wer weiß das schon.
Was eigentlich bleibt, wäre die Wirtschaft an der nächsten Ecke. Doch auch diese Branche wurde inzwischen mächtig ausgedünnt. Man hält die Menschen konsequent vor der Glotze und dumm, damit sie nicht merken, wie sie an der Nase herumgeführt werden. Ein schönes Bild, stammt es doch aus der Viehhaltung und bezeichnete dort auch den Transport von Ochsen mit Nasenringen zum Schlachter. Und die Kneipiers schauen in die Röhre, wo inzwischen alle Aschenbecher verstaut sind, die ja auch nicht mehr gebraucht werden, weil sich die Protagonisten der deutschen Kulturgesellschaft weiterentwickelt haben – vom schnöden Genießer wieder hin zum ollen Blockwart, der freiwillig alles kontrolliert, auch das was nicht zu kontrollieren ist. Seien wir ehrlich, Spaß macht das nicht mehr.
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